Den richtigen Riecher. Wer hat die beste Nase im Tierreich?
- 15.11.2019
- Der Geruchssinn gehört wie der Geschmackssinn zu den chemischen Sinnen, und es gibt tatsächlich fast kein Tier, dem ein solcher Sinn völlig fehlt. Bei Tieren denken viele nur an die Wirbeltiere wie Fische, Vögel oder Säugetiere, aber auch die an Arten viel zahlreicheren wirbellosen Tiere wie etwa Krebse, Insekten oder die verschiedenen Würmer. Sie haben einen Geruchssinn. In Lebensräumen mit begrenzten Sichtverhältnissen wie in dichter Vegetation, in trübem Wasser oder im Dunkeln ist ein weiterer, vom Sehen unabhängiger Sinn sicher von Vorteil – vielleicht sogar überlebenswichtig. Die verschiedensten Stoffe lassen sich schnell und effektiv in Luft oder Wasser verbreiten. So wird von Tieren ein weiteres Informations- und Signalsystem genutzt, beispielsweise um Nahrungsquellen, Feinde oder Artgenossen zu finden; bei letzteren auch deren Stimmungslage oder Paarungsbereitschaft zu erkennen oder mit den eigenen Duftstoffen beanspruchte Gebiete zu kennzeichnen. Lange Zeit war man sich darüber im Unklaren, ob im Wasser lebende Tiere auch einen Geruchssinn haben, da die Stoffe, die wir riechen ja in der Luft als im Gase vorliegen. Aber tatsächlich können auch im wasserlebende Tiere riechen; auch bei den Landwirbeltieren müssen die Duftstoffe zunächst durch die Schleimschicht gelangen, die die Riechzellen schützt. Während bei Fischen die Nase eine vordere und eine hintere Öffnung besitzt und so eine kontinuierliche Überprüfung des Wassers beim Schwimmen erlaubt, gibt es bei den landlebenden Wirbeltieren eine äußere und eine innere Nasenöffnung, sodass diese die Atemluft kontinuierlich analysieren können – unsere Nase hat also zwei biologische Aufgaben. Je nach Ausbildung des Riechorgans gibt es Tiere, die besonders gut – viele sogar dreidimensional –, weniger gut oder gar nicht riechen können. Es ist praktisch unmöglich festzustellen, welches Tier die beste Nase hat. Im Gegensatz dazu können Wale und Seekühe überhaupt nicht riechen; bei ihnen dient die Nase nur noch zum Atmen und ist auch meist geschlossen – einen Ersatz hat die Evolution übrigens nicht erfunden. Die Primaten, einschließlich des Menschen, können nur mäßig gut riechen; der Mensch sogar verhältnismäßig schlecht. Unter den Säugern haben Raubtiere, Huftiere und Nagetiere den besten Geruchssinn. Einige Zahlen mögen das einmal verdeutlichen: So umfasst das Riechepithel des Menschen eine Fläche von 5 cm2, während das eines Hundes etwa 85 cm2, manchmal auch 100 cm2 groß ist, also 17- bis 20-mal größer ist. Auf dieser Fläche befinden sich beim Menschen etwa 20 Millionen Riechzellen und beim Hund 230 Millionen, bei Menschen lassen sich 400 verschiedene Riechzellen unterscheiden, beim Hund mehr als 1.000. Mit dieser Ausstattung können wir etwa 10.000 verschiedene Gerüche unterscheiden, ein Hund etwa das Tausendfache. Düfte werden gelernt, beispielsweise hat jeder von uns eine Dufterinnerung, wenn er das Wort „Weihnachten“ hört. Je nach Lebensweise sind die Geruchsschwellen unterschiedlich; Hunde riechen besonders gut Fettsäuren, da diese im Schweiß ihrer Beute enthalten sind und weniger gut Fruchtdüfte, da sie diese nicht fressen. Ein Hund folgt einer Fährte eines anderen Tieres oder Menschen am Geruch von Bodenverletzungen und anderen Gerüchen ausgesprochen sicher. Er findet noch nach längerer Zeit eine entsprechende Duftspur. Als Rüde weiß er auf Hunderte Meter Entfernung, ob und wann seine Lieblingshündin läufig wird, und auch ob Rivalen in der Nähe sind. Er bewegt sich damit in einer Welt, die uns fast völlig verborgen bleibt.