Covid-Tote. Starben sie an oder mit dem Erreger?
- Henning Allmers
- 12.11.2021
- Es war eine Schlagzeile, die Pandemie-Kritiker aufhorchen ließ: „Corona bei 80 Prozent der offiziellen Covid-Toten wohl nicht Todesursache“, überschrieb die Welt ein Interview mit dem Arzt Prof. Dr. Bertram Häussler am 30. August 2021. Er analysierte die vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Corona-Todeszahlen. Seine Beobachtung: Der Zeitraum zwischen dem Meldezeitpunkt der Infektion und dem des Todes war zuletzt oft sehr groß. Im Juli und August 2021 habe der Anteil von offiziellen Corona-Toten, deren Infektion zum gemeldeten Todeszeitpunkt länger als fünf Wochen zurücklag, rund 80 Prozent betragen. Man müsse daher eher davon ausgehen, dass Corona nicht die wirkliche Todesursache war. Häussler vermutet, dass Gesundheitsämter zu viele Menschen in die Statistik einfließen lassen: „Rechnerisch sterben täglich etwa 100 dieser Genesenen an regulären Todesursachen. Da kann es sich dann auch um einen alten Menschen handeln, der sich zwar 2020 infiziert hat, jetzt aber an Herzversagen gestorben ist.“ Im Schnitt treten Covid-Todesfälle zwei bis drei Wochen nach der Infektion auf, teilt das RKI mit. Nachmeldungen von Todesfällen für zurückliegende Wochen seien darum zu erwarten. Auch der Meldeverzug kann sich auswirken: Die Corona-Toten werden – wie andere Zahlen auch – nicht vom RKI selbst, sondern von den Gesundheitsämtern erfasst. Diese Meldekette kann Tage dauern, erschwert aber auch eine gezielte Manipulation. Verstorbene mit einem positiven Corona-Test in der Vergangenheit landen aber nicht automatisch in der Statistik. In die RKI-Statistik gehen die Covid-19-Todesfälle ein, bei denen ein laborbestätigter Nachweis vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind. Der Zusammenhang zwischen Infektion und Tod muss also plausibel sein. Auch, wenn es in der Praxis häufig schwierig sei, zu entscheiden, inwieweit die Corona-Infektion direkt zum Tod beigetragen habe, merkt das RKI an. Aktuell erfasst werden darum sowohl Todesfälle „mit“ und „an“ Corona Verstorbener. „Generell liegt es immer im Ermessen des Gesundheitsamtes, ob ein Fall als verstorben an beziehungsweise mit Covid-19 ans RKI übermittelt wird oder nicht“, so das RKI. An Covid-19 sterben mehr Männer als Frauen. Auch in Deutschland sind laut RKI 53 Prozent der Verstorbenen Männer (Stand: 29. Juni 2021). Das ist auf den ersten Blick umso erstaunlicher, als ihr Anteil an den Infizierten mittlerweile sogar geringer ist als jener der Frauen. Kurzum: Mehr Frauen stecken sich an, doch Männer erkranken schwerer und sterben häufiger. Hintergrund dessen sei das zweigeteilte Immunsystem des Menschen: Einerseits gibt es ein angeborenes und andererseits ein erworbenes Immunsystem. Das angeborene Immunsystem steht dabei unmittelbar mit Erregern in Kontakt, versucht sie mithilfe von Fresszellen zu eliminieren. Gelingt das nicht, aktiviert der Mensch für diesen Fall einen Teil seines erworbenen Immunsystems. Der Körper speichert darin zahlreiche Informationen über den Erreger, um diesen bei wiederholtem Auftreten effektiver bekämpfen zu können. Auf diese Weise wird ermöglicht, dass man lediglich einmal im Leben an einer Krankheit erkrankt, wie beispielsweise Windpocken. Männer und Frauen bilden die beiden Teile des Immunsystems jedoch unterschiedlich aus. Das erworbene Immunsystem reagiert in Bezug auf Covid-19 effektiver. Männer greifen demnach aber eher auf das angeborene Immunsystem zurück, das unvorbereiteter auf Corona-Viren trifft. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer unzureichenden Immunabwehr und somit eines schweren Covid-19-Verlaufs, der zum Tod führen kann. In der Region Osnabrück sind bis zum 3. November 2021 454 Menschen an den Folgen der Covid-19-Erkrankung verstorben. Es starben 216 Frauen und 238 Männer.