Klimawandel. Wie lässt sich CO2 aus der Luft filtern?
- 12.11.2021
- Kohlendioxid ist das wichtigste Treibhausgas, obwohl es nur einen sehr kleinen Anteil unserer Luft ausmacht (420 ppm beziehungsweise 0,04 Prozent, Tendenz steigend). Ein solches Spurengas wirtschaftlich aus der Luft zu filtern stellt eine große Herausforderung dar. Das CO2 muss zunächst zurückgehalten werden, indem es an einer hochporösen Oberfläche oder an aktiven Molekülen einer Waschlösung sehr spezifisch anhaftet. Das zurückgehaltene CO2 muss danach wieder extrahiert werden durch Ausgasen der Oberfläche oder durch Aufbereitung der Waschlösung. Zurückhaltung und Extraktion kosten in der Regel viel Energie. Je geringer der Ausgangsgehalt an CO2 ist, desto teurer und energieaufwendiger wird es. Daher ist das Filtern am effektivsten dort, wo viel CO2 entsteht, zum Beispiel in der Abgasreinigung von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen. Das Filtern verringert jedoch den Wirkungsgrad eines Kohle- oder Gaskraftwerks um rund 10 bis 15 Prozent, was zu einer Erhöhung des Treibstoffbedarfes um 20 bis 35 Prozent führt. Das Problem wird leider auch durch den Einsatz von Biobrennstoffen nicht besser, die in diesem Zusammenhang oft als rettende Lösung diskutiert werden: Biomasse hat einen deutlich geringeren Brennwert und viele Fremdstoffe im Abgas. Außerdem ist der Flächenbedarf für den Anbau der Biomasse groß und steht in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Ein weiteres Problem betrifft die Frage, was mit dem mühsam ausgefilterten CO2 geschieht. Zwar gibt es einige technisch relevante Anwendungen von reinem CO2, zum Beispiel als Löse-, Kälte-, Lösch- und Düngemittel. Der Transport des CO2 über lange Strecken ist aber unwirtschaftlich und energieintensiv. Seit etwa zwölf Jahren wird auch versucht, CO2 in großem Maßstab in unterirdische Lagerstätten zu verpressen, allerdings noch mit mäßigem technischem Erfolg, da sich die meisten Gesteinsarten nicht eignen, und das zu bislang unwirtschaftlichen Preisen. Am besten funktioniert es derzeit bei einem bestimmten Vulkan vor der Küste Islands (www.or.is). Neueste Studien beschäftigen sich mit der emissionsfreien Zerlegung von CO2 in festen Kohlenstoff und reinen Sauerstoff (NECOC-Projekt, www.tvt.kit.edu/21_3547.php). Bis zur Marktreife dürften aber noch einige Jahre vergehen. Tatsächlich gibt es bereits heute eine Schweizer Firma, die CO2 direkt aus der Luft ausfiltert und auch Lösungen zur „Endlagerung“ beziehungsweise zur direkten Nutzung des CO2 vorhält (climeworks.de). Jeder kann dort gegen Geld eine echte Beseitigung seines CO2-Ausstosses beauftragen — im Gegensatz zur ökologisch sehr umstrittenen „Kompensation“, zum Beispiel durch Aufforsten. Leider liegen die Kosten derzeit bei rund einem Euro pro kg CO2, sodass zum Beispiel ein Flug von Dortmund nach New York und zurück mit circa 2.600 Euro pro Person zu Buche schlägt. Alternativ müsste pro Person ein Wäldchen mit circa 108 Bäumen etwa ein Jahr lang wachsen. Am Ende bleibt als praktikable Lösung für das Weltklima nur die Kombination verschiedener Maßnahmen: ein möglichst schneller Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Nutzung aller Möglichkeiten der CO2-Fixierung zum Beispiel durch Wiedervernässung von Mooren, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, den Aufbau mariner Biomasse et cetera. Was wir als Privatpersonen jetzt schon tun können, verrät uns die persönliche CO2-Bilanz zum Beispiel des Umweltbundesamtes (uba.co2-rechner.de).