Sterbehilfe: Tötung auf Verlangen künftig straffrei?
- Wolfgang Lenzen
- 07.11.2008
- Als Nichtjurist will ich nicht darüber spekulieren, ob demnächst in der Bundesrepublik Tötung auf Verlangen tatsächlich straffrei bleiben wird. Als Moralphilosoph kann ich lediglich Gründe dafür benennen, warum - zumindest unter bestimmten Umständen - eine Tötung auf Verlangen ethisch unbedenklich ist und somit vom Gesetzgeber straffrei gestellt werden könnte bzw. sollte. Meine Gründe orientieren sich dabei an dem weitestgehend unkontroversen Moralprinzip "Neminem laedere", dem zufolge eine Handlung immer dann moralisch unbedenklich ist, wenn durch sie keinem anderem ein Schaden zugefügt wird. Übertragen auf die Situation z. B. eines Schwerstkranken, der seinem Leiden am liebsten selber ein Ende bereiten möchte, der hierfür aber die Hilfe eines Angehörigen oder Arztes benötigt, bedeutet dies: Assistierte Sterbehilfe bzw. Tötung auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten ist jedenfalls dann moralisch unbedenklich, wenn der Tod für diesen keinen wirklichen Schaden beinhaltet, d. h. wenn das Sterben in seinem wahren Interesse liegt, oder mit noch anderen Worten, wenn "die Schrecknisse des Lebens die Schrecknisse des Todes überwiegen" (Arthur Schopenhauer, "Ueber den Selbstmord"). Natürlich ist es im konkreten Einzelfall alles andere als einfach, mit praktischer Sicherheit in Erfahrung zu bringen, ob das Leiden des Patienten so schlimm ist, dass sein Tod für ihn die bessere Option als das Weiterleben darstellt. Ein erfahrener Arzt sollte aber in der Lage sein zu beurteilen, ob der subjektive Wunsch des Patienten, zu sterben, auch objektiv, d. h. nach bestem medizinischem Wissen, gerechtfertigt ist.