Ist die Seele unsterblich? Gibt es eine Wiedergeburt nach dem Tode?
- 13.11.2009
- Als christliche, katholische Theologin gehe ich von einem Menschenbild aus, das den Menschen als Leib-Seele-Einheit versteht. In jüngerer Zeit wird dem Körper besondere Aufmerksamkeit gezollt, aber weiter von Geist oder Seele gesprochen als dem »Sitz« von Vernunft und Freiheit, Moralität und Verantwortlichkeit; gerade die Seele gibt dem spezifischen Körper seine Individualität und macht ihn zur Person. In den bis heute für alle monotheistischen Religionen grundlegenden Texten des Alten Testaments ist dieser ganzheitliche Blick auf den Menschen grundgelegt. Die Rede von der Unsterblichkeit der Seele entstammt der griechischen Philosophie und wurde in der Zeit, in der das Christentum entstand, in vielen Religionen des Orients vertreten. Seelenwanderung, Reinkarnation, Wiedergeburt – das waren damals Modelle, mit denen die existentielle Erfahrung des Todes verarbeitet wurde. Die Theologen der frühen Kirche knüpfen zur Entfaltung des christlichen Menschenbildes an Denkmodelle der platonisch-aristotelischen Metaphysik an, insofern auch an den Gedanken der Unsterblichkeit der Seele. Der Ausgangspunkt war aber ein anderer: Jede Frage nach der Zukunft des Menschen, nach einem Leben »nach« dem Tod, nach Unsterblichkeit oder Ewigkeit gründet allein in der Glaubenserfahrung der Auferstehung Jesu Christi. Sie ist der Grund der Hoffnung, dass es für Mensch und Welt – über den Tod hinaus – eine Zukunft gibt, ein Bei-Gott-Sein, in dem im Gericht der Liebe alle Schuld ausgesöhnt wird. Die Verbindung der biblischen Auferstehungshoffnung mit dem der griechischen Philosophie entstammenden Denkmodell hat gerade in jüngerer Zeit zu nicht unerheblichen Anfragen – gerade auch an die Unsterblichkeit der Seele – geführt. Können wir uns überhaupt eine vom Leib getrennte Seele vorstellen? Ist dies nicht ein dualistisches Modell, das die Leib-Seele-Einheit des Menschen auflöst? Wenn wir sterben, endet für uns die Zeit; dass der Tod kein definitives Ende ist, sondern dass es ein Leben »nach« dem Tod gibt, gründet allein in der mit der Auferstehung Jesu Christi gegebenen Hoffnung. Hier greift nicht mehr unsere physikalisch bemessbare und erfahrbare Zeit, wir nennen diese »Dimension« Ewigkeit. Im Augenblick des Todes ereignet sich – über ein Gerichtet- und Gerettetwerden – das Eingehen des Menschen in die Ewigkeit Gottes. Von »Unsterblichkeit der Seele« kann hier gesprochen werden, gerade um die Identität des Menschen zu wahren, der in die Ewigkeit Gottes eingeht. Unsterblichkeit bedeutet dann aber kein »endloses Weiterleben in der Zeit«; die Radikalität und oft auch Absurdität des Todes wird gerade nicht ausgeblendet – das ist Teil unserer »conditio humana«. Aber wir können auf dem Hintergrund der mit der Auferstehung Jesu Christi verbundenen Hoffnung in den Glauben finden, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Und genau das lässt mich auch meine kurze Antwort auf die Frage: Gibt es eine Wiedergeburt nach dem Tode? geben: Aus christlicher Überzeugung sicher nicht im Sinne der östlichen Reinkarnationstheorien, aber in der Bildsprache des Paulus gesprochen ja: Wir hoffen, dass wir nach dem Tod von Gott »wieder geboren« werden zu einem Leben bei Gott, und das heißt mit den Worten des christlichen Glaubensbekenntnisses: dass wir »auferstehen werden am Jüngsten Tag«.