Trends im Sport - Wohin entickelt sich der Fußball?
- Christian Wopp
- 13.11.2009
- Wenn Sie von mir eine Prognose darüber erwarten, ob der VfL Osnabrück im Pokalspiel gegen Schalke 04 gewinnen oder verlieren wird, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Von der Trendforschung in der Sportwissenschaft können Sie solche Aussagen nicht erwarten. Grundlage unserer Forschung bilden Daten zur Bevölkerungsentwicklung und eigene Untersuchungen. Aktuell befragen wir 25.000 repräsentativ ausgewählte Einwohner Hamburgs, um einen Sportentwicklungsplan für die Hansestadt zu erarbeiten. Nach vorliegenden Erkenntnissen werden die Deutschen in den kommenden Jahren weniger, älter, internationaler und weiblicher. Für die Sportentwicklung folgt zum Beispiel aus dem Bevölkerungsrückgang, dass in den Mannschaftssportarten die Zahl der Spielerinnen und Spieler reduziert wird. Beachvolleyballmannschaften bestehen nur noch aus zwei Spielern und nicht mehr aus sechs, wie im klassischen Volleyball. Als neue Olympische Disziplin wurde Siebener-Rugby aufgenommen und nicht das Spiel in Großmannschaften. Der Deutschen Fußballbund geht davon aus, dass schon in einigen Jahren in den unteren Spielklassen nur noch neun und nicht elf Spieler pro Mannschaft auf dem Feld stehen werden. Die steigende Zahl älterer Menschen in der Bevölkerung hat zur Folge, dass die Themen Gesundheit und Fitness die Sportentwicklung in den kommenden Jahren maßgeblich bestimmen werden. Zuwachszahlen in den Sportvereinen wurden in den zurückliegenden Jahren nicht in den klassischen Sportarten, sondern bei Rückenschulen, beim Nordic-Walking, bei der Aerobic oder bei der Wassergymnastik erzielt. Die Folge ist, dass sich der Sport in den Medien und der persönlich ausgeübte Sport zunehmend auseinanderentwickeln. Erfolge einzelner Sportlerinnen und Sportler haben heute so gut wie keine Auswirkungen. Die Handballweltmeisterschaft in Deutschland hat keinen Zuwachs im Handballsport bewirkt und Goldmedaillengewinner in der Leichtathletik können den Rückgang der Teilnehmerzahlen in Deutschland nicht aufhalten. Selbst Erfolge oder Misserfolge des VfL Osnabrück haben keine Auswirkungen auf den Jugendfußballbereich. Deutschland wird internationaler. Mehr als die Hälfte aller unter 40-Jährigen wird im Jahr 2050 nicht deutscher Herkunftssprache sein. Während männliche Migranten in Sportarten wie Fußball oder Kämpfen teilweise aktiver als der übrige Teil der Bevölkerung sind, finden Migrantinnen nur schwer Zugang zum Sport. Deshalb haben wir damit begonnen, in den Grundschulen, die in sozialen Brennpunkten liegen, Mädchenfußball-AGs einzurichten. Die starke Nachfrage belegt den großen Wunsch von Migrantinnen, ebenfalls sportlich aktiv sein zu können. In den jüngeren Jahrgängen sind Jungen sportaktiver als Mädchen. Mit zunehmendem Alter jedoch steigen Männer aus dem Sport aus und Frauen wieder ein, wie der starke Zuspruch in Fitnessstudios und Gesundheitsangeboten zeigt. Dort beträgt der Frauenanteil cirka 70 Prozent. Somit kann prognostiziert werden, dass die Zukunft des Sports weiblich sein wird. Diese Aussage gilt auch für den Fußball. Dort gab es in den zurückliegenden Jahren Zuwachszahlen vorrangig bei den Mädchenmannschaften. Einen weiteren Entwicklungsschub wird voraussichtlich die Frauen-Fußballweltmeisterschaft 2011 in Deutschland auslösen. Vielleicht spielen dann in zehn oder mehr Jahren an der Bremer Brücke – es ist ja nicht zu prognostizieren, wie der Name des Stadions dann sein wird – im Pokalachtelfinale nicht mehr zwei Männer-, sondern zwei Frauenmannschaften mit jeweils neun Spielerinnen gegeneinander.