Nobelpries für Graphen. Wird die "Bremsspur des Bleistifts" die Elektronik revolutionieren?
- 12.11.2010
- Man nehme ein Stück Graphit, ziehe mittels eines Klebestreifens einen kleinen Stapel des in ebenen Lagen aus Kohlenstoffatomen geordneten Materials ab und übertrage einige Lagen durch Abreiben auf eine glatte Oberfläche – fertig! Mit diesen einfachen Handgriffen legten die russischen Physiker Andre Geim und Konstantin Novoselov den Grundstein für ihre nun mit dem Nobelpreis für Physik gekrönten Entdekkungen. Sie konnten zeigen, dass sich mit diesem einfachen Verfahren hauchdünne Schichten herstellen lassen, von denen einige nur aus einzigen atomaren Lagen bestehen – Graphen, das dünnste Material der Welt war identifiziert. Geim und Novoselov fanden aber nicht nur verblüffend einfache Wege, Graphen herzustellen und nachzuweisen, sondern führten auch bahnbrechende Experimente durch, mit denen sie die ganz besonderen Eigenschaften dieses zweidimensionalen Materials demonstrieren konnten. Hierzu zählen insbesondere die Transporteigenschaften für Elektronen. Graphen ist nicht nur ein ausgezeichneter elektrischer Leiter, sondern die Elektronen weisen in diesem Material bei Raumtemperatur eine sensationell hohe Beweglichkeit auf, was in einem elektrischen Schaltkreis aus Graphen extrem hohe Schaltgeschwindigkeiten ermöglichen würde. Graphen ist weiterhin ein extrem stabiles Material und für sichtbares Licht praktisch vollkommen durchsichtig. Die hervorragenden Eigenschaften des Materials bleiben auch erhalten, wenn man es in Bauelemente von nur wenigen Nanometern (ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters) Seitenlänge zerteilt. Die Kombination dieser hervorragenden Eigenschaften prädestiniert Graphen als Zukunftsmaterial für zahlreiche Bereiche der Elektronik und Energietechnik wie Hochleistungsrechner, Displaytechnologie, Solarzellenentwicklung und Sensortechnik. Die Forschungen von Geim und Novoselov lösten eine Lawine an Forschungsaktivitäten aus, die sowohl fundamentale physikalische Fragestellungen als auch die Weiterentwicklung des Materials für Anwendungen zum Gegenstand haben. Auf der Grundlage von Graphen werden sicher mehrere revolutionäre Technologien bis zur Industriereife entwickelt werden. Welche sich davon durchsetzen werden, wird von den zukünftigen Marktbedingungen bei der Einführung der neuen Technologien abhängen. Graphen geht im Wettbewerb mit anderen Zukunftstechnologien aber mit großem Schub an den Start.