Arbeiten bis der Arzt kommt
Wird Burn-out zur Volkskrankheit?
- Henning Allmers
- 12.11.2010
- Ob sich das Burn-out-Syndrom zu einer Volkskrankheit entwickelt, kann nicht beantwortet werden, da es hierzu keine belastbaren statistischen Daten gibt. Der Begriff Syndrom bezeichnet einen Symptomenkomplex, das heißt eine Gruppe von gleichzeitig auftretenden Krankheitszeichen. Nach einer Schätzung der Betriebskrankenkassen sind 9 Millionen Beschäftigte vom Burn-out-Syndrom betroffen. Konkrete Zahlen gibt es nicht, da es keine einheitliche Definition des Burn-out-Syndroms gibt. Vermutlich stehen hinter der Frage, ob sich das Burn-outSyndrom zu einer Volkskrankheit entwickelt, die Statistiken der Krankenkassen, aus denen hervorgeht, dass sich die durch psychische Erkrankungen verursachten Arbeitsunfähigkeitszeiten in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt haben. Im Jahr 2008 betrug der Anteil von Frühberentungen wegen einer psychischen Erkrankung 57.409 Fälle von insgesamt 161.265 Rentenzugängen, dies entspricht einem Anteil von 36 Prozent. Ob psychische Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten tatsächlich zugenommen haben oder nur die Anzahl der behandelten Fälle anstieg, kann nicht mit aktuellen Belegen überprüft werden, denn die Daten der Krankenkassen beziehen sich nur auf die Häufigkeit der behandelten psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen. »Burn-out« ist weder in der internationalen Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision (ICD-10) noch im Diagnostischen und Statistischen Handbuch psychischer Störungen (DSM-IV) eine eigenständige Diagnose. Um in die Statistik der Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgenommen zu werden, muss eine Kodierung nach der ICD 10 vorgenommen werden. Hier kommt Burn-out aber nur als so genannte Z-Diagnose vor. Z73: Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung inklusive: Akzentuierung von Persönlichkeitszügen, unzulängliche soziale Fähigkeiten, Zustand der totalen Erschöpfung, Ausgebranntsein [Burn out]. Stichprobenuntersuchungen in der Bevölkerung zur Häufigkeit von psychischen Erkrankungen wurden zuletzt im Kontext des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 veröffentlicht. Im Rahmen des Aufbaus eines kontinuierlichen Gesundheitsmonitorings am Robert Koch-Institut wurde im November 2008 mit einer neuen Studie (11/2008 bis 10/2011) zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) begonnen (www.rki.de/degs), auch psychische Störungen werden mittels eines spezifischen Zusatzmoduls des DEGS erfasst. Derzeit wird in Deutschland eine bevölkerungsbezogene Kohortenstudie (Nationale Kohorte) geplant, in deren Rahmen 200.000 gesunde Bürger über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren beobachtet werden sollen. Diese Studie soll auch Antworten auf eine Vielzahl epidemiologischer Fragen zu Volkskrankheiten liefern. Darin werden auch psychische Erkrankungen eingeschlossen sein.