Besucherrekorde im Spaßmuseum - Wo ist die Grenze zwischen Kunst und Kommerz?
- 23.11.2012
- Sollte die Frage von der diesjährigen Documenta inspiriert worden sein, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass der Besuch der Documenta 13 kein Spaß war. Allerdings muss ich zugeben, dass es bei der diesjährigen Documenta 13 überraschend wenig um Kunst und sehr viel um die große Marketingmaschinerie ging. So etwas kann passieren, wenn sich die Kuratoren oder Kuratorinnen zum Zentrum des Kunstereignisses erklären. Das ist jedoch sicher die Ausnahme. Dennoch steht die Frage im Raum, ob die Vermengung von Kunst und kommerzieller Vermarktung – insbesondere in Museen – ein neuerer Trend ist. Mitnichten. Kunst und Kommerz sind schon lange Partner. Seit die bildende Kunst den sicheren Hafen des Kunsthandwerks verlassen hat, ist der Künstler gezwungen, sich selbst und sein Kunstwerk zu loben und zu preisen, um Kirchenväter, Fürsten, Könige und Bürger davon zu überzeugen, angemessene oder auch unangemessene Preise zu zahlen. Und dies geht am besten mit Hilfe eines Vermittlers, zum Beispiel einem Kunstkritiker, einer Galerie oder eben einem Museum. Das Kunstmuseum, die bürgerliche Variante der königlichen Privatsammlung, diente somit nicht nur der edlen Kunstbetrachtung. Die althergebrachte Rolle des Museums war auch die der Leistungsschau, der Status-Demonstration des jeweiligen Sammlers und nicht zuletzt die des Kunstgeschäfts. Kunstgeschäfte finden auch heute noch in Museen statt, jedoch für das normale Publikum kaum sichtbar. Heißt das nun, dass der Kapitalismuskritiker David Graeber doch Recht hat, wenn er schreibt: »Kunst ist all das, was wir sehr reichen Leuten andrehen können.« (2011) Nein. Kunst kann, wie jede Ware, auch kommerziell vermarktet werden, und sicherlich wird auch sehr reichen Leuten für viel Geld fragwürdige Kunst angedreht. Doch die meisten Künstler machen sich auf einen langen und mühsamen Weg, weil sie diesen Weg einfach gehen müssen, unabhängig davon, ob sie jemals damit kommerziell erfolgreich sein werden. Und wir alle können, dank der Demokratisierung von Bildung und Kultur, an dieser Kunst teilhaben. Damit wir das auch tun, müssen wir informiert, animiert und eben auch manchmal verführt werden. Dank einfallsreicher Marketingstrategien sind unsere Museen sehr gut besucht. Und das ist auch gut so, denn Besucherrekorde bedeuten letztlich auch viele Kunstbegegnungen. Denn wir als Betrachter – und darum geht es doch eigentlich – können von Kunst inspiriert, provoziert, begeistert, verärgert oder ergriffen werden. Dafür müssen wir heutzutage das Kunstwerk nicht einmal mehr selbst käuflich erwerben. Wir können einfach ins Museum gehen.