Asiatische Marienkäfer. Invasoren mit biologischer Kriegsführung?
- 15.11.2013
- Diese Frage beschreibt ein Problem, dass durch beabsichtigtes oder unbeabsichtigtes Handeln des Menschen überall auf der Erde entstanden ist. Hierbei geht es eigentlich nicht um Invasoren, die in voller Absicht einen Angriff starten, sondern um Organismen, die vom Menschen in Lebensräumen freigesetzt worden sind, in denen sie ursprünglich nicht vorkamen. Die Folgen dieses Handelns sind oft verheerend und meistens nicht vorhersehbar. So haben scheinbar beste Absichten wie im Falle der Marienkäfer, die zur Schädlingsbekämpfung Ende des 20. Jahrhunderts in den USA und wenig später in Europa eingeführt wurden, oftmals völlig andere Konsequenzen. Wegen dieser teilweise für die einheimischenArten schwerwiegenden Konsequenzen werden die in der Wissenschaft Neozoen genannten Neubürger auch als »aliens« bezeichnet und das umschreibt die möglichen Folgen ihrer Einführung wesentlich treffender. Allein die Liste dieser Neozoen in Deutschland ist lang, und es sind wohl inzwischen weit mehr als 1.200 Tierarten, die hierzulande eingeschleppt wurden. Etwa die Hälfte gehört zu den nächsten Verwandten des Marienkäfers, den Insekten. Die übrigen verteilen sich auf alle anderen Großgruppen von Tieren, angefangen bei Einzellern bis hin zu den Säugetieren. Harmonia axyridis (Pallas, 1771), wie der vollständige wissenschaftliche Name des asiatischen Marienkäfers lautet, wurde eingeführt, da er, anders als die europäischen Marienkäfer, zumindest in seiner Heimat noch erfolgreicher Blattläuse vertilgt. So erwartete man, das bei unseren Kulturpflanzen verbreitete Problem der Massenvermehrung von Blattläusen statt mit Pestiziden mit biologischer Schädlingsbekämpfung in den Griff bekommen zu können. Leider fressen diese Tiere nicht nur Blattläuse, sondern auch andere Insekten mit weicher Kutikula wie eben Larven einheimischer Marienkäferarten. Auch andere, sich von Blattläusen ernährende Lebewesen wie bestimmte Gallmücken-Larven, stehen auf seiner Speisekarte. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass der asiatische Marienkäfer dabei auch eine Krankheit unter den einheimischen Marienkäfern verbreitet und so diese Populationen zusätzlich schädigen. Erstmals freilebend 2001 in Belgien gefunden, trat er schon ein Jahr später in Deutschland auf und wenig später auch in Frankreich; sogar den Sprung über den Kanal nach England hat er geschafft. Uns wird der Neubürger vor allem im Herbst besonders lästig, wenn die ausgewachsenen Käfer Schwärme bilden und für die Winterruhe einen Zufluchtsort suchen – häufig unsere Wohnungen und Häuser, wie in den letzten warmen Oktobertagen 2013 auch in Osnabrück wieder zu beobachten war. Wie nun am Ende der Konkurrenzkampf mit den einheimischen Marienkäferarten ausgehen wird, kann man unmöglich vorhersagen, aber es sieht nicht gut aus für die einheimischen Marienkäfer. Von denen gibt es übrigens etwa 80 verschiedene Arten bei uns, die jedoch meistens, anders als der asiatische Neuankömmling, eher auf bestimmte Nahrungsorganismen spezialisiert sind.