Biokraftstoff. Mit Mikroalagen zum nächsten Langstreckenflug?
- 15.11.2013
- Fernreisen sind beliebt, die Rohölversorgung ist auf Dauer unsicher, und wir bemühen uns um eine ökologisch verträgliche Lebensweise. Dafür wünschen wir uns Flugreisen in die Ferne mit Bio-Kerosin aus Algen. Was sich für das private Glück leicht anders lösen ließe, ist eine lebenswichtige Frage für die europäische Luftfahrtindustrie, besonders drängend wegen langer Vorlaufzeit bis zur Marktreife alternativer Flugzeugkonzepte. In der von EADS, Airbus, MTU und anderen unterhaltenen Ideenschmieden, »Bauhaus Luftfahrt« genannt, habe ich im vergangenen Frühjahr über die Energie-Effizienz photosynthetischer Kraftstoffe folgendes vorgetragen: Flüssige Kraftstoffe wie Wasserstoff, Methan, Ethanol, Benzin, Diesel oder Kerosin werden auf absehbare Zeit für den Luftverkehr wie auch den Schwertransport über Land und zur See unentbehrlich bleiben, denn nur sie besitzen die genügend hohe Energiedichte für große Reichweiten aus dem Tank. Bio-Kerosin wurde bereits auf Palmöl-Basis hergestellt, von der Lufthansa in einem konventionellen Airbus erprobt und aus Kostengründen bald verworfen. Selbst wenn man geneigt ist, von den verheerenden ökologischen Konsequenzen der Monokulturen aus Energiepflanzen abzusehen, kann man nicht übersehen, dass der durch Photosynthese fixierte Bruchteil der Sonneneinstrahlung den menschlichen Energieverbrauch nicht decken kann. Sieben Milliarden Menschen verbrauchen ein Fünftel dessen, was alle Landpflanzen an Energie bereitstellen. Das kann weder vollständig geerntet noch umgesetzt werden. Sollte man dann nicht wenigstens den Luxus-Konsum (Flug-Fernreisen) mit Bio-Treibstoff antreiben können? Zur Leistungsfähigkeit der besten Energiepflanze unserer Breiten, der Zuckerrübe, und ihrer Verarbeitung zu Äthanol gibt es genaue Untersuchungen des europäischen Forschungszentrums in ISPRA. Der Wirkungsgrad für die Speicherung der einfallenden Sonnenenergie ist gering (zwei Prozent für die Rübe und zehn Prozent von der Rübe zu Alkohol, zusammen 0,2 Prozent).In anderen Worten ein täglicher Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Fernost erfordert das ganze Saarland als Anbaufläche. Aber es wurde ja nicht nach der Rübe, sondern nach Algen gefragt. Fotos riesiger Umlauftanks voller grüner Algen werden zuweilen garniert mit begeisterten Kommentaren über deren Leistungsfähigkeit. Die Energieausbeute von Algen deckt sich jedoch mit derjenigen von Zuckerrohr und Zuckerrübe (je zwei Prozent), während diejenige der Ölpflanzen (Rapssaat) sogar noch zehnmal geringer ist. Mit Kerosin aus Mikroalgen werden wir daher wohl kaum zum nächsten Langstreckenflug starten. Diese Einsicht setzt sich langsam auch bei der Industrie durch, und man erprobt zunehmend die folgende Prozesskette: Sonnen-, Wasser- und Windenergie zu Strom, dann per Elektrolyse zu Wasserstoff, weiter zu Methan (künstliches Erdgas) und zu Kerosin. Andere mögen auf die unendliche Verfügbarkeit von Erdöl und -gas unter anderem durch Fracking hoffen, aber das ist eine andere Geschichte.