Schulfach Glück. Kann ein neues Fach die Schule verändern?
- Ulrike Graf
- 15.11.2013
- Glück kann man nicht machen, Glücklich sein aber lernen. Welches Glück ist beim Schulfach Glück überhaupt gemeint? Nicht der emotionale Höhepunkt, der kurz andauert und sehr intensiv ist. Nicht der »Kick« also. Vielmehr ist das Glück gemeint, das in der Forschung auch tragende Lebenszufriedenheit und international »well-being« heisst (nicht zu verwechseln mit Wellness). Menschen erfahren diese Lebenszufriedenheit eher, wenn sie Arbeit haben, ein gewisses Einkommen, sich sozial eingebunden fühlen in Familie und Freundschaften, in demokratischen Strukturen leben und religiös sind. Diese Faktoren beziehen sich auf Strukturen, die Voraussetzung für höhere Lebenszufriedenheit sind. Erstaunlich ist, dass Menschen ausgerechnet in Ländern mit hohen Werten in diesen Bereichen in ihrem persönlichen Erleben eher unglücklicher sind. Woran liegt das? Gute Lebensbedingungen bedeuten noch nicht, dass die Menschen diese wertschätzen. Es kommt also auch auf die inneren Einstellungen der Welt und dem eigenen Leben gegenüber an. Hier geht es also nicht um Strukturen, sondern um Sichtweisen und Einstellungen. Genau da setzt das Unterrichtsfach Glück an. Es will die Persönlichkeit stärken. In diesem Sinn wirkt es mit am Bildungsauftrag, den jede Schule hat. Das Besondere ist: Im Schulfach Glück wird ein eigener Raum angeboten, in dem SchülerInnen sich erproben können, reflektieren können, wie sie sich und andere sehen. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass sie vor allem ihre eigenen, noch ungelebten Möglichkeiten kennen und erfahren lernen. Sie reden nicht nur, sie lassen sich auf Übungen ein, in denen zum Beispiel nur gemeinsam eine Lösung gefunden werden kann. Dabei erleben die SchülerInnen, die gelernt haben, alles alleine schaffen zu müssen, dass es auch andere gibt, die helfen; dass sie sich auch helfen lassen dürfen und können. Bisherige Forschungen haben ergeben, dass SchülerInnen, die am Unterrichtsfach Glück teilnahmen, ein schärferes Urteilsvermögen ausgebildet haben. Sie konnten besser einschätzen, ob Situationen eher glücksförderlich oder dem Glück abträglich sind. Auch können sie sich selbst und die Umwelt besser steuern. Sie werden hoffentlich weniger auf Geschäfte hereinfallen, die »Kauf dich glücklich« heißen, wie ich neulich in einer Innenstadt las. Wenn also das Schulfach Glück den SchülerInnen ermöglicht, neue Handlungsmöglichkeiten kennenzulernen, um im Leben für sich und andere etwas zu erreichen, dann dient es dem Leben der/des einzelnen Schülers/in und unserem gesellschaftlichen Miteinander. Denn unsere Demokratie lebt davon, dass Menschen sich beteiligen, einmischen und Ideen haben, was sie in dieser Welt und für diese Welt wollen. Im Übrigen: Auch ohne ein eigenes Fach können Glücksaspekte in jedweden Fachunterricht integriert werden. Daran arbeiten wir hier in Osnabrück in der Lehrerbildung.