Englisch, Französisch, Chinesisch- Profitieren Kinder von bilingualen Kitas?
- 13.11.2015
- In unserer vernetzten Welt ist es ausgesprochen nützlich, viele Sprachen zu beherrschen. Deshalb hat die EU-Kommission eine strategische Empfehlung zur Verbesserung der Sprachkenntnisse ausgesprochen. Konkret fordert sie Fremdsprachenförderung bereits im Vorschulalter. Nun ist der Nutzen von Englisch offensichtlich, aber brauchen wir auch noch Französisch oder gar Chinesisch schon in der Kita? Und lernen die Kinder diese Sprachen überhaupt? Aus der Grundlagenforschung wissen wir, dass ein möglichst früher Spracherwerb tatsächlich später zu besseren Fähigkeiten führt. Das zeigt sich vor allem im lautlichen und im grammatischen Bereich, das heißt in der Aussprache und beim Satzbau. Gehirnaktivität bei der Benutzung einer Zweitsprache ist der Muttersprache umso ähnlicher, je früher die Zweitsprache gelernt wurde. Nun können wir leider einmal Gelerntes auch wieder vergessen, wenn wir nicht mehr üben. So hängen auch unsere Gehirnprozesse bei der Verarbeitung einer Fremdsprache stark davon ab, wie oft wir sie benutzen. Würde also der Fremdspracherwerb im Kindergarten beginnen und danach weitergeführt werden, so müsste man aus der Sicht der Grundlagenforschung einen frühen Sprachkontakt befürworten. Die Methode, mit der eine Zweitsprache in Kitas vermittelt wird, ist die sogenannte Immersion. Das bedeutet, dass die Kinder einen Teil ihres Alltags in der Fremdsprache bewältigen, meist vermittelt durch eine Bezugsperson, die nur in der entsprechenden Sprache spricht. Kinder kommen damit recht schnell klar, auch wenn sie selbst kaum komplizierte Sätze in der Fremdsprache bilden. Zusätzlich hat sich gezeigt, dass Kinder, die eine bilinguale Kita besuchen, beim späteren Schulbesuch einen enormen Vorteil haben. Nämlich dann, wenn die in der Kita gelernte Fremdsprache fortgeführt wird, bestenfalls in zweisprachigem Unterricht. Die Sprachfertigkeiten nehmen dann sprungartig zu, und das ohne jahrelangen Sprachunterricht – den kann man dann zur Einführung der zweiten Fremdsprache nutzen. Somit wäre eine über Kita und Schule koordinierte frühe Einführung der ersten Fremdsprache eine große Bildungschance für alle. Und Bildung meint in diesem Falle nicht nur das Beherrschen anderer Sprachen, sondern weit mehr: den Kontakt mit einer anderen Kultur, die Möglichkeit Sprache aus einer übergeordneten Perspektive heraus zu betrachten, die Akzeptanz von Andersartigen und nicht zuletzt die Anerkennung und Förderung der Muttersprache derjenigen Kinder, die die nichtdeutsche zweite Kitasprache als Muttersprache erwerben. Die Kinder machen somit spielerisch wertvolle Erfahrungen, die weit über das reine Sprachlernen hinausgehen. Nachdem ich nun die positiven Aspekte früher Immersionserfahrungen so sehr gepriesen habe, möchte ich nicht verschweigen, dass gut entwickelte Programme, die auf Kontinuität angelegt sind, vorausschauende Planung erfordern, Geld kosten und daher schwer zu finden sind. In Osnabrück gibt es, wie ich nach eingehender Recherche herausgefunden habe, keines. Eigentlich höchste Zeit das zu ändern.