Superklein und langlebig. Wie funktioniert ein Computer aus Erbgut/DNA?
- 11.11.2016
- Wie funktioniert überhaupt ein Computer? Zentrale Elemente sind hier Transistoren, winzige Schalter, die durch elektrische Ströme geschaltet und ausgelesen werden können. Berechnungen und andere Probleme, die der Computer lösen soll, werden über die Software in einen Code übersetzt, der diese elektronischen Schalter in einer definierten Abfolge hin- und herschaltet und dann das Ergebnis der Rechenoperationen ausliest. Die Rechenleistung eines Prozessors gibt an, wie viele dieser Schalter pro Sekunde geschaltet werden können, sprich: wie viele Bits pro Sekunde verarbeitet werden können. Extrem aufwendige Mikrostrukturtechnik ermöglicht es, dass ein moderner Prozessor mehrere Milliarden Transistoren nutzen kann, die jeweils nur noch wenige 100 Nanometer groß sind. Das ist etwa 1/100 des Durchmessers eines menschlichen Haares und ist bereits so klein, dass wir dies selbst mit einem Lichtmikroskop nicht mehr erkennen können! Aber wie sollen unsere Handys zukünftig noch kleiner werden und trotzdem mehr können sowie weniger Energie verbrauchen? Mit dieser Frage haben sich Wissenschaftler bereits Mitte der 1990er Jahre auseinandergesetzt und versucht, Transistoren durch Moleküle zu ersetzen. Die DNA ist dafür ideal geeignet: Die Abfolge von Basen auf einem DNA-Strang – die DNA-Sequenz – kodiert eine Information, die mit Hilfe von Enzymen verändert – also geschaltet werden kann. Es gibt viele verschiedene Enzyme, die bestimmte DNA-Sequenzen blitzschnell zerschneiden, andere können ganz bestimmte Stücke wieder zusammenfügen. Die Programmierung dieser Computer erfolgt durch die Übersetzung in eine oder mehrere DNA-Sequenzen, die zunächst synthetisiert werden und anschließende durch Zugabe der Enzyme verarbeitet werden. Am Ende dieser Reaktionen liegen neue DNA-Sequenzen vor, deren Reihenfolge anschließend analysiert und in das Ergebnis zurückübersetzt werden. DNA-Computer funktionieren also völlig anders als elektronische Computer, bei denen jeder Transistor an seinem Platz sitzt und über festverdrahtete Leiterbahnen angesprochen wird. Im Gegensatz zu diesem „Top-down“-Konzept besteht ein DNA-Computer meist aus Reaktionsgefäßen mit wässrigen Flüssigkeiten, in denen sich DNA-Moleküle frei bewegen und über molekulare Erkennung von Enzymen verarbeitet werden. Durch diese „bottom-up“ Funktionsweise können viele verschiedene Reaktionen – also Rechenoperationen – parallel nebeneinander ablaufen, was insbesondere zur Durchführung komplexer Rechnungen vorteilhaft ist. Man kann sich vorstellen, dass gerade das Auslesen von Ergebnissen aus DNA-Computern derzeit noch sehr aufwendig ist und ein DNA-Smartphone noch in weiter Ferne liegt. Daher versuchen Wissenschaftler derzeit, Bau-Elemente aus DNA zu konstruieren, die sich wie Transistoren reversibel schalten lassen. Aber was ist der Gewinn? DNA-Moleküle sind 100-mal kleiner als moderne Transistoren, lassen sich aber sehr einfach synthetisieren. In 1 ml DNA-Lösung lassen sich theoretisch 100 Billionen Bit parallel verarbeiten, unter minimaler Erwärmung! Damit liegt das Potential von DNA-Computern in der Lösung extrem rechenaufwendiger Probleme, die selbst die Rechenkapazität von Supercomputern überfordert.