Cross-Age Tutoring hat sowohl in motivationaler als auch in kognitiver Hinsicht ein hohes Potenzial, um Schülerinnen und Schüler im naturwissenschaftlichen Unterricht zu aktivieren, und damit eine Steigerung fachlicher wie überfachlicher Kompetenzen zu unterstützen. Im beantragten Forschungsprojekt verfolgen wir das Ziel, dieses Potenzial für Tutoren aus Hauptschulen sowie Grundschülerinnen und Grundschüler als Tutees nutzbar zu machen. In der Vorbereitungsphase lernen die Tutoren ihrer Jahrgangsstufe entsprechende Inhalte aus dem Gebiet der Elektrizitätslehre. Im Tutoring vermitteln sie in Grundschulklassen anschließend einfache Teilaspekte dieses Themas. Studie I verfolgt vor allem das Ziel, den Einfluss der Lehr-Erwartung auf den Wissenserwerb und die Motivation der Tutoren während der Vorbereitungsphase zu untersuchen. Im Hinblick auf Studie II soll analysiert werden, welche Rolle persönliche Voraussetzungen der Tutoren für die Qualität der Unterstützung ihrer Tutees spielen. Wir erheben dazu die Selbstwirksamkeitserwartung der Tutoren, Einstellungen und Überzeugungen zum Lernen, sowie Zielorientierungen und Ungewissheitstoleranz, und setzen sie mit Variablen des Tutoring-Prozesses in Beziehung. Die Ergebnisse fließen in die Entwicklung eines Tutoren-Trainings ein, das in Studie II evaluiert wird. Der angestrebte Erkenntnisgewinn des Forschungsprojektes liegt darin, kognitive und motivationale Wirkmechanismen zu identifizieren, die für einen erfolgreichen Einsatz des Cross-Age Tutoring von Bedeutung sind. Auf dieser Grundlage soll diese Unterrichtsform – insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern – für das Fach Physik weiterentwickelt werden.
Projektlaufzeit
01.11.2010 - 31.12.2018
Ergebniszusammenfassung
Im Rahmen des DFG-Projekts wurden verschiedene Fragestellungen untersucht, die vor allem auf eine Verbesserung der Unterstützung von Tutees im Rahmen von Cross-age Tutoring abzielten. Hierzu wurden Tutoren aus der 8. Jahrgangsstufe an Hauptschulen zunächst in einem fachlichen Vorbereitungs-Training geschult, und unterstützten anschließend Kinder aus der 3. Jahrgangsstufe beim Erwerb grundlegenden Wissens zu geschlossenen elektrischen Stromkreisen. In den Untersuchungen des Projektes wurden in theoretischer Hinsicht relevante Variablen als unabhängige Variablen quasiexperimentell variiert, und die Auswirkungen auf das Lernerleben der Schülerinnen und Schüler, auf ihre Interaktion in den Lerngruppen, und auf den Lernerfolg erhoben. Ein Vergleich von Tutoring mit Gruppenarbeit ohne Tutor zeigt insgesamt keine Vorteile des Einsatzes von untrainierten Tutoren im Hinblick auf Kompetenz- und Autonomieerleben sowie Leistung der Grundschulkinder. Allerdings ergab sich post hoc ein deutlicher, geschlechtsspezifischer Leistungseffekt, wonach sich Tutoring besonders günstig auf das Lernen der Schülerinnen auswirkt. Zentrales Element des DFG-Projekts war die Entwicklung zweier didaktischer Tutor-Trainings, welche das autonome Arbeiten der Tutees befördern, und so einen fruchtbaren Lernprozess begünstigen sollten. Es hat sich gezeigt, dass ein autonomieförderndes Unterstützungsverhalten der Tutoren dann besonders gelingt, wenn von den Tutoren nicht nur entsprechende Verhaltensweisen im Training eingeübt werden, sondern gleichzeitig ihre intrinsische Motivation durch videobasiertes Modelllernen gefördert wird. Die Tutees solcher Tutoren berichten sowohl höheres Autonomieerleben, als auch höheres Kompetenzerleben und intrinsische Motivation als Tutees von untrainierten Tutoren. Ein derart gestaltetes Tutoren-Training geht auch mit besseren Leistungen der Tutees einher. Es ist ein bemerkenswerter Befund, dass die Hauptschülerinnen und Hauptschüler in der Lage sind, das Trainingsangebot so zu nutzen, dass es nicht nur auf der Ebene der Wahrnehmung der Tutees wirksam ist, sondern auch hinsichtlich ihres Lernerfolgs. Ähnliche Befunde sind sogar in Bezug auf Lehrerfortbildungen nicht selbstverständlich. Das Ziel des Projektes, nämlich Bedingungen für den Erfolg von Cross-age Tutoring aufzuzeigen, konnte somit in verschiedener Hinsicht erreicht werden. Aufbauend auf den empirisch nachgewiesenen Zusammenhängen konnten konkrete Vorschläge für die Gestaltung von Trainings für Tutoren abgeleitet werden, die nicht nur aus instruktionspsychologischer Perspektive interessant, sondern auch für die Schulpraxis relevant sind. Im Hinblick auf weitere Forschungsbemühungen sollte geklärt werden, inwiefern die Ergebnisse verallgemeinert werden können, z.B. bei älteren Schülerinnen und Schülern und kognitiv besonders herausfordernden Inhalten.
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Schlagwörter
Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen, Physikdidaktik