Auch wenn in den vergangenen Jahren Strukturinformationen für verschiedene Domänen von Roco-Proteinen aus Röntgenkristallstrukturanalysen gewonnen werden konnten, existieren zum Zeitpunkt der Antragsstellung praktisch keine Informationen über die Tertiärstrukturen dieser Proteine, d.h. die relative Anordnung dieser Domänen in der aktiven Form des vollständigen Proteins. Weiterhin liegen strukturelle Daten für bakterielle Roco-Proteine bislang nur in nukleotidfreier oder GDP-gebundener Form vor, wodurch Aussagen über die der GTP-Hydrolyse zugrundeliegenden Mechanismen weiterhin nur eingeschränkt möglich sind. Für Roco-Proteine, die über eine zusätzliche Kinase-Domäne verfügen, wie beispielsweise Dyctostelium Roco4 oder das humane LRRK2, wurde gezeigt, daß sich GTPase- und Kinase-Aktivitäten gegenseitig beeinflussen . Dieser Aspekt ist im Hinblick auf die Auswirkungen von Mutationen in LRRK2 von besonderem Interesse, da die meisten Daten darauf hindeuten, daß eine erhöhte Kinase-Aktivität der auslösende Faktor für eine Parkinson-Erkrankung ist. Da auch Mutationen in der Kinase oder anderen LRRK2-Domänen zu erhöhten Kinase-Aktivitäten und damit zu PD führen können, stellt sich bei Mutationen in der RocCOR-Domäne die Frage, wie diese am Ende zu einer Aktivierung der Kinase führen, d.h. welche strukturellen oder dynamischen Änderungen dieses Signal innerhalb des Proteins weiterleiten. Aktuelle Forschungsergebnisse liefern weiterhin Hinweise darauf, daß LRRK2 im Cytosol als (inaktives) Monomer vorliegt und das Membran-Assoziation zur Bildung von (aktiven) Dimeren führt . Weitere Hinweise auf ein Konzentrations- und Nukleotidabhängiges (GppNHp induziert die Monomerisierung bei geringen, physiologisch relevanten Konzentrationen) Monomer-Dimer-Gleichgewicht existieren auch für Chlorobium tepidium Roco, wohingegen das analoge Protein aus Methanosarcina barkeri diesen Verhalten nicht aufzuweisen scheint . In einem vergleichenden Ansatz soll dieses potentielle Monomer-Dimer-Gleichgewicht näher, d.h. auch im Hinblick auf strukturelle Auswirkungen, untersucht werden. Aufbauend auf den in der ersten Förderperiode erzielten Resultaten und den mit dem System gewonnenen Erfahrungen sollen mittels EPR-Spektroskopie (cw- und Puls/DEER) und Computersimulationen folgende Aspekte untersucht werden: 1. Bestimmung der Tertiärstruktur und Dynamik von LRR-RocCOR-Konstrukten während des GTPase-Zyklus mittels DEER-Abstandsmessungen 2. Untersuchung des Monomer-Dimer-Gleichgewichte bei Roco-Proteinen mittels cw- und Puls-EPR-Methoden 3. Erstellung von Homologie-Modellen der entsprechenden LRRK2-Domänen, basierend auf Kristallstrukturen der Domänen bakterieller Roco-Proteine 4. Vergleich der experimentell bestimmten Konformationsdynamik bakterieller RocCOR- und LRR-RocCOR-Konstrukte über Molekulardynamik-Simulationen mit vorhandenen Strukturdaten und LRRK2- Homologie-Modellen
Projektlaufzeit
01.01.2016 - 28.02.2020
Ergebniszusammenfassung
GADs, G-Proteine, welche durch Dimerisierung aktiviert werden, scheinen sich zunächst grundsätzlich von den sogenannten kleinen G-Proteinen, beispielsweise der Ras-Proteinfamilie, zu unterscheiden. Letztere benötigen für eine effektive GTP-Hydrolyse GEFs (Guaninenucleotide exchange factors) und GAPs (GTPase activating proteins) als Hilfs- bzw. regulatorische Proteine. Demgegenüber komplementieren in ‚typischen‘ GADs wie MnmE oder hGBP1 Seitenketten bzw. Strukturelemente der jeweils anderen G-Domäne im Dimer das katalytische Zentrum der GTPase. Die RocCOR-Tandem-Domäne in Roco-Proteinen wie der „Parkinson-Kinase“ hLRRK2 allerdings zeigt typische Eigenschaften beider Klassen von GTPasen. Zum einen gibt es ein Nukleotid-abhängiges Gleichgewicht zwischen Monomer und Dimer (und oligomere Formen gebunden an Mikrotubuli), wobei Strukturdaten für ein bakterielles Roco-Protein eine direkte Interaktion der G-Domänen, und somit die typische Eigenschaft eines GAD, zeigen. Andererseits ist das katalytische Verhalten der hLRRK2-RocCOR-GTPase eher mit dem „klassischer“ Ras-Proteine vergleichbar, und eine kürzlich veröffentliche Cryo-EM-Struktur eines Dimers der C-terminalen, katalytischen, Hälfte von hLRRK2 zeigt eng miteinander interagierende COR-Domänen aber in großem Abstand zueinander angeordnete, d.h. nicht interagierende, G-Domänen. Zur Charakterisierung der Interaktionen im hLRRK2-RocCOR-Dimer wurden für Spin-markierte Varianten eines hLRRK2-RocCOR-Konstruktes mittels DEER- Spektroskopie Modulationstiefen und Abstandsverteilungen unter verschiedenen Bedingungen bestimmt. Die in Anwesenheit unterschiedlicher Nukleotide bestimmten Modulationstiefen zeigen eine deutliche Nukleotid-Abhängigkeit der Dimerisierung, wobei der höchste Anteil von Dimeren in Anwesenheit von GDP beobachtet wird. Der Vergleich der erhaltenen Abstandsdaten mit aus MD-Simulationen von alternativen Dimer-Modellen, darunter ein selbstentwickeltes Homologie- Modell des hLRRK2-RocCOR-Dimers basierend auf Strukturdaten des bakteriellen Roco- Proteins, berechneten Abstandsverteilungen favorisieren eindeutig Dimer-Anordnungen mit interagierenden G-Domänen. Ebenfalls vergleichbar mit den für bakterielles Roco beobachteten Abstandsverteilungen zeigt sich auch für das hLRRK2-RocCOR-Dimer eine hohe Konformationsdynamik, gekennzeichnet durch breite und multimodale Abstandsverteilungen. Eine Analyse der Dimerisierung von N-Ras, bei welcher Anhand von DEER- und Fluoreszenz- Daten und dem Vergleich mit Strukturmodellen die Membran-gebundene Dimer-Form der GTPase identifiziert werden konnte, zeigt ein orthogonal zu der Interaktionsfläche in RocCOR angeordnetes Dimer. Vor dem Hintergrund der Ras-ähnlichen GTPase-Aktivität und einer Nukleotid-regulierten Dimerisierung könnte das Monomer/Dimer-Gleichgewicht in welchem hLRRK2 sich befindet so beispielsweise zu Zugänglichkeit für - noch nicht schlüssig identifizierte - GEFs und/oder GAPs regulieren. Noch abzuschließende Auswertungen von MD-Simulationen im µs-Bereich zur Charakterisierung des Konformationsraumes von Strukturmodellen des MnmE-Dimers zeigen das auch experimentell beobachtete Gleichgewicht zwischen ‚offener‘ und ‚geschlossener‘ Anordnung der G-Domänen in GTP(GppNHp)-gebundener Form. Dabei zeigte sich eine allosterische Kopplung zwischen der G-Domänen-Bewegung und der Ausrichtung der helikalen Domänen, an welche potentiell das „Partnerprotein“ GidA bindet, um einen enzymatisch aktiven Komplex zu bilden.