Der stumme Sommer. Wo bleiben Feldlerche, Kiebitz und Wiedehopf?
- 17.11.2017
- Schon seit längerem ist Biologen und Naturkundlern ein Rückgang vieler Tier- und Pflanzenarten aufgefallen – an Warnungen über die zu erwartenden Folgen hat es nicht gefehlt. Auch die Ursachen sind schon länger bekannt. Das daraus resultierende Problem hat ein Ausmaß vergleichbar mit der globalen Erwärmung; es wird in seiner Dimension bei Weitem unterschätzt und von der Politik leider in weiten Bereichen ignoriert. Inzwischen wird das Problem jedoch in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein wesentlicher Grund ist, dass es die betreffenden Forscher endlich geschafft haben, ihre Ergebnisse in international beachteten Zeitschriften zu veröffentlichen. Besonders stark sind vom Artenschwund manche Vogelarten wie die oben genannten betroffen, aber es ist ein grundsätzliches Problem. Generell ist die Zahl von Brutvogelpaaren in Deutschland in den letzten zwölf Jahren um etwa 13 Millionen (15 Prozent) zurückgegangen, in der Agrarlandschaft aber zu mehr als 50 Prozent, wobei manche Arten wie Kiebitz einen Rückgang von 80 Prozent verzeichnen. Woran liegt dieser Rückgang, warum sind einige Arten stärker betroffen als andere und wie könnte man diese Tendenz umkehren? Bei einer genaueren Betrachtung des Phänomens fällt auf, dass der Rückgang der Vogelpopulationen eigentlich nur das Symptom einer tiefer gehenden Problematik ist. Jedes Lebewesen – auch der Mensch – ist in jeweils einmaliger Weise in seine Umwelt, ein System aus biologischen und nicht-biologischen Faktoren und Beziehungssystemen, eingepasst. Aber der Mensch bestimmt oder verändert viele dieser Faktoren. Ob nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt wie die Klimaerwärmung; die Folgen müssen die anderen Tier- und Pflanzenarten ertragen. Das betrifft und bedroht aber auch unsere Existenz. So sind besonders die bodenbewohnenden Vogelarten offener Landschaften wie Feldlerche und Rebhuhn am schlimmsten betroffen, denn sie müssen mindestens zwei schwerwiegende Effekte ertragen: die unmittelbare Vernichtung ihres Lebensraumes und den Entzug ihrer Nahrung; während die übrigen „nur“ mit dem letzten Problem zu kämpfen haben. Ein weiterer Grund liegt im dramatischen Schwund der Insekten; die meisten Vogelarten (aber auch Fledermäuse und andere) sind von Insekten als Nahrungsgrundlage abhängig. Und Insekten bestäuben 80 Prozent der Blütenpflanzen – also auch viele Kulturpflanzen wie Raps, Bohnen, Erbsen, Sonnenblumen, Kirschen, Äpfel, Birnen, Erdbeeren und Weitere. Wir haben den Insekten die Lebensräume genommen: Erstens durch die konventionelle Landwirtschaft mit ihrem Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat. Zweitens mit einer mehrmaligen Gülle-Dusche durch die Straßenbauämter, die die Grünstreifen bis zum Feldrand mehrmals im Jahr mähen. Und drittens durch die Gartenbesitzer – ein moderner Garten besteht aus einer Schotterfläche und wenigen immergrünen Gehölzen. Leider wird es mit Blühstreifen und ähnlichen Maßnahmen allein nicht getan sein; das ist leider nur wirkungslose Kosmetik. Was wir brauchen, ist eine flächendeckende Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft.