Grüne Gentechnik. Wie lässt sie sich gegenüber herkömmlichen Züchtungen nachweisen?
- 13.11.2020
- Die Frage geht zwar in die Richtung der allgemeinen Grünen Gentechnik, sie dreht sich aber eigentlich um neuartige, wenige Jahre erforschte und eingesetzte Techniken des ,Genome Editing‘ oder ,Gene Targeting‘. Diese Begriffe beschreiben molekularbiologische – also gentechnische – Wege, sehr gezielt einzelne Bausteine des Erbguts – also die Basenpaare der DNA – auszutauschen, hinzuzufügen oder zu entfernen. Diese Techniken basieren auf der CRISPR/Cas-Methode, deren Entdeckerinnen 2020 für die Entwicklung der ‚Genschere‘ mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden. Anwendungsmöglichkeiten werden in vielen Bereichen des menschlichen Lebens vorausgesehen, von der Nahrungsmittelproduktion bis zur Medizin und Gentherapie. Das besondere an der Technologie ist die hohe Präzision, mit der diese einzelne Genbausteine abändern kann. Diese minimalen Änderungen können allerdings große Wirkung haben, beispielsweise zu Resistenz gegenüber Herbiziden oder erhöhter Toleranz gegenüber widrigen Bedingungen durch Umweltstresse führen. Die Frage nun ist sehr präzise gestellt, was die Beantwortung einfacher macht – und dennoch muss gleich noch etwas ausgeholt werden. Es geht darum, ob es Labormethoden gibt, mit der diese Minimal-Veränderungen im Erbgut von Lebewesen nachgewiesen werden können. Und zwar zwecks Abgrenzung zu Pflanzen, die mittels anderer, älterer gentechnischer Methoden verändert worden sind, gegenüber wildtypischen Pflanzen in freier Wildbahn und herkömmlichen Züchtungen auf dem Acker. Die ‚älteren Methoden‘ bedienen sich oftmals eher genetischer Holzhammer-Methoden, bei denen zufällige Mutationen, also Basenpaar-Veränderungen, und zwar aller Couleur, Ausmaß und Wirkung entstehen. Also deutlich unpräziser im Gegensatz zu CRISPR/Cas. Dies trifft übrigens sowohl für die derzeit durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) regulierten und damit de facto auf europäischen Äckern so gut wie nicht zu findenden, genetisch veränderten Organismen (GVOs) zu, als auch die überhaupt nicht regulierten und im Supermarkt frei verkäuflichen Obst-, Gemüse- und Getreidesorten, wie etwa Grapefruit, Gurke und Gerste. Diese enthalten für Züchtungszwecke verwendete Mutationen, die vor Jahrzehnten durch radioaktive Strahlung oder Chemikalien in großer Anzahl zufällig erzeugt wurden. Die Antwort auf die Frage ist: Nein, es gibt derzeit keine Methode, mit der es möglich wäre, Genome Editing von einer zufälligen oder künstlich durch Strahlung erzeigten Mutation zu unterscheiden. Warum? Weil es in einer solchen Nachweismethode um das Resultat des Eingriffs geht (wie ein einzelner Basenpaaraustausch) und nicht um die ihm zugrunde liegende Technik. Die Veränderungen im Erbgut sind von natürlichen Mutationsereignissen oder dem Ergebnis einer künstlich hervorgerufenen Veränderung an einer Stelle im Genom nicht zu unterscheiden. Zur analytischen Nachweisfähigkeit fehlt quasi der Fingerabdruck, die eindeutige Spur, den die Veränderungsmethode hinterlassen würde. Der Minimaleingriff baut zwar das Erbgut an einer Stelle um, es verbleibt aber beispielsweise keine artfremde DNA, die man dann gut erkennen könnte durch Methoden, wie sie in der Pandemiezeit ständig im NDR-Podcast besprochen werden: PCR (Polymerasekettenreaktion zur Vervielfältigung winziger DNA-Spuren) oder Antigentests, die die etwaigen genetischen Ausprägungen als sich bildende veränderte Eiweißmoleküle diagnostizieren könnten.