Streit um Staudamm in Äthiopien. Wem gehört das Nilwasser?
- 13.11.2020
- Die Nutzung von Wasserkraft zur Erzeugung von Elektrizität ist eigentlich begrüßenswert und gut für das Klima! Allerdings hat der Bau von Staudämmen einen großen Einfluss auf die Wasserführung eines Flusses. Daraus ergeben sich Nutzungskonflikte. Insbesondere während der Füllphase haben Staudämme einen gewaltigen Durst. So fasst der ‚Grand Ethiopian Renaissance Dam‘ (GERD) am Blauen Nil 73 Milliarden Kubikmeter Wasser. Das entspricht circa dem 1,5-fachen Volumen des Bodensees oder der gesamten Niederschlagsmenge, die in zwei Jahren in Niedersachsen fällt. Damit gehört GERD zu den größten Staudämmen der Erde und ist der größte auf dem afrikanischen Kontinent. Der Nil ist jedoch die Lebensader des Sudans und vor allem Ägyptens. Die Ernährung von Millionen von Menschen hängt von der Verfügbarkeit des Nilwassers für die Bewässerungslandwirtschaft ab. Daher hat der Bau von GERD – und die damit verbundenen Möglichkeiten der Kontrolle der Wasserführung des Nils durch Äthiopien – Argwohn und Proteste vonseiten dieser Länder hervorgerufen. Kann ein Land am Oberlauf eines Flusses machen, was es will? Wem gehört das Wasser? Hat Ägypten einen Anspruch auf ausreichend Wasser für die Bewässerung seiner Felder und wer legt diesen fest? Beziehungen zwischen Nationalstaaten unterliegen dem internationalen Recht. Im Bereich des Wassers ist dieses nicht sehr ausgeprägt. Es gibt eine UN-Konvention ‚Übereinkommen über das Recht der nichtschifffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe‘. Diese legt rechtliche Prinzipien für die Nutzung von internationalen Flussgebieten fest. So soll u.a. die Wassernutzung gerecht zwischen den Anrainerstaaten verteilt werden und Prinzipien der Nachhaltigkeit folgen. Aber was ist eine gerechte Verteilung? Weiterhin kommt erschwerend dazu, dass viele Länder, so auch Äthiopien, Sudan und Ägypten, diese UN-Konvention nicht ratifiziert haben. Also ist diese für sie nicht rechtlich bindend. Es gibt zwischenstaatliche Verträge und Vereinbarungen, teilweise noch aus der Kolonialzeit, die die Nutzung des Nilwassers regeln. In einem 1969 geschlossenen Vertrag teilen sich Ägypten und Sudan die Nutzung des Nilwassers untereinander auf – ohne Einbezug der anderen Anrainerstaaten. Mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung fordern Staaten wir Äthiopien nun mehr Rechte zur Nutzung der Wasserressourcen ein und schaffen Tatsachen. Einen militärischen Konflikt in der Region wird von keinem der Staaten gewünscht. So sucht man nach Verhandlungslösungen. Wem gehört das Nilwasser? In einer idealen Welt allen Anrainerstaaten des Nils, die in fairen, transparenten Verhandlungsprozessen die Wassernutzung vertraglich festlegen und dabei Grundsätze der Nachhaltigkeit beachten, also versuchen, negative ökologische und soziale Folgen zu vermeiden. Die Welt ist jedoch nicht ideal. Oft dominiert das Recht des Stärkeren. Die verschiedenen Staaten werden wohl eine Einigung finden und militärische Konflikte vermeiden. Allerdings ist es eher fraglich, ob Biodiversität und arme Bevölkerungsgruppen in solchen Vereinbarungen adäquat berücksichtig werden. Der Konflikt um das Nilwasser hat ein großes Medienecho gefunden. Es gibt jedoch viele Staudammprojekte mit ähnlich gelagerten Konflikten auf allen Kontinenten. Die Berücksichtigung von ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit und eine Perspektive, die das ganze Flusseinzugsbiet einbezieht, sollte die Regel und nicht die Ausnahme sein in der Planung solcher Projekte.