Mozart, Bach, Händel. Hilft Musik, Angst und Schmerz zu lindern?
- 12.11.2021
- Viele von Ihnen haben vielleicht schon die Erfahrung gemacht, dass man sich zum Beispiel beim Zahnarzt nicht nur um Ihre Zähne kümmert, sondern dass Sie auch einen Kopfhörer auf die Ohren bekommen und Ihnen dann beim Bohren Musik vorgespielt wird. Etwas Ähnliches gibt es auch bei belastenden, angstbesetzten Untersuchungen wie Herzkatheter-Untersuchungen oder Darmspiegelungen, aber auch unmittelbar bei Operationen. Vielleicht haben Sie aber schon einmal ein Buch wie „Die musikalische Hausapotheke – So nutzen sie die Heilkraft der Musik in jeder Lebenslage und Stimmungslage“ in der Hand gehabt. Was also hat es mit dieser medizinischen oder gar heilenden Wirkung von Musik auf sich? „Mozart, Bach, Händel. Hilft Musik, Angst und Schmerz zu lindern?“ Zu dieser Frage gehört eigentlich noch ein aufschlussreicher Zusatz: „Kann Musik wie ein Medikament wirken?“ In dieser vollständigen Form stecken in der Frage drei einzelne Aspekte, die alle zusammen wichtig sind. Erstens: „Hilft Musik, Angst und Schmerz zu lindern?“ Auf diese Frage kann man eine erfreulich einfache und klare Antwort geben: Ja, das tut sie! Musik ist ganz grundsätzlich in der Lage, in belastenden Situationen Angst und Schmerzen zu reduzieren. Diese „anxio-algolythische“ Wirkung von Musik ist durch die sogenannte Musikmedizin in zahlreichen Studien immer wieder belegt worden. Das hat zum Beispiel damit zu tun, dass die Herzfrequenz und der Atemrhythmus vom Tempo der Musik beeinflusst werden. Es geht hierbei also um sehr elementare physiologische Wirkungen bestimmter musikalischer Faktoren wie Tempo, Rhythmus oder Lautstärke. Das führt uns zum zweiten Teilaspekt: „Mozart, Bach, Händel“! Welche Art Musik übt diese medizinischen Wirkungen aus? Hat nur klassische Musik diese Fähigkeit, wie die Frage nahelegt? Falls Sie Nicht-Klassik-Hörer sind, kann ich Sie beruhigen. Der musikalische Stil hat mit diesen grundsätzlichen physiologischen Wirkungen erst mal nichts zu tun. Eine Pop-Ballade in ruhigem Tempo oder ein cooles Jazz-Stück können physiologisch genau so wirken wie ein langsamer Satz von Mozart. Grundsätzlich hat also jeder musikalische Stil das Potenzial, medizinisch positiv zu wirken und Angst und Schmerz zu lindern. Man könnte nun denken, dass es dann völlig egal ist, welche Musik man konkret zum Beispiel bei einer Operation einsetzt. Dem ist aber nicht so. Ob eine konkrete Musik bei einem konkreten Menschen dieses Potenzial tatsächlich entfalten kann, hängt von sehr individuellen Faktoren und auch den Gesamtumständen der Situation ab. Musikgeschmäcker sind verschieden, und die musikalischen Biografien der Menschen sind es auch. Deshalb ist auch die Wirkung einer konkreten Musik nie für alle Menschen gleich. Wenn Sie ein Jazz-Fan sind, wird Sie das langsame Stück Cool-Jazz beruhigen. Wenn Sie keinen Jazz mögen, wird Sie dasselbe ruhige Stück vielleicht eher nerven und aufregen. Damit kommen wir zum dritten Aspekt der Frage: „Wirkt Musik wie ein Medikament?“ Die Antwort ist hier wieder einfach: Ein grundsätzlich so hochpotentes Mittel, das bei dem einem Menschen überaus positive Wirkungen hat, bei einem anderen aber eben auch gar nicht oder sogar kontraproduktiv wirkt – etwas mit einer so individuellen, unkalkulierbaren Wirkung würde niemals eine Zulassung als Medikament bekommen! Musik kann also sehr heilsam und positiv wirken, aber sie ist kein Medikament. Eine „Musikalische Hausapotheke“ für alle kann es nicht geben!