Weltsprache Englisch. Do you speak „Spanglish“ or „Singlish“?
- 12.11.2021
- Englisch ist unbestritten eine der großen „Weltsprachen“. Nach gegenwärtigen Schätzungen sprechen rund 370 Millionen Menschen Englisch als Muttersprache und rund 980 Millionen als Zweitsprache. Beim Mandarin ist es umgekehrt: Hier haben wir etwa 920 Millionen Muttersprachlerinnen und Muttersprachler gegenüber 200 Millionen Menschen mit Mandarin als Zweitsprache. An dritter Stelle kommt Hindi: 340 Millionen Menschen sprechen es als Erstsprache, 260 Millionen als Zweitsprache. An vierter Stelle folgt Spanisch: Für 470 Millionen Menschen ist es die Erstsprache und für 72 Millionen die Zweitsprache. Das Englische zeichnet sich besonders durch seine enorme geografische Verbreitung aus. Dies ist zum einen der Kolonialzeit geschuldet, die das Englische als Sprache unter anderem in die USA, nach Kanada, Australien, aber auch Nigeria oder Indien brachte. Zum anderen führen soziokulturelle und ökonomische Faktoren dazu, dass viele Sprecherinnen und Sprecher weltweit Englisch als Fremdsprache lernen. Im Ergebnis ist Englisch zum einen globale lingua franca (eine allgemein verständliche Verkehrssprache), zum anderen aber auch eine bedeutende plurizentrische Sprache. Plurizentrisch heißt, dass es nicht einen verbindlichen Standard gibt, sondern viele verschiedene sprachlich-kulturelle Zentren, die als Identifikationskern dienen. Wir finden so englisches Englisch, amerikanisches Englisch, kanadisches Englisch, australisches Englisch und einige mehr, die sich als national geprägte und prägende Varietäten herausgebildet haben. Ob es sich dabei nun um Varietäten eines abstrakten „Weltenglisch“ handelt oder sogar um eigene Sprachen, lassen wir einmal dahingestellt sein – hierüber streitet man seit Langem. Erinnert sei nur an den Merkspruch des Linguisten Max Weinreich: „A language is a dialect with an army and a navy“ (‚Eine Sprache ist ein Dialekt mit einer Armee und Marine‘). Feststeht, dass es für diese Varietäten zum Beispiel eigene Wörterbücher und Grammatiken gibt und dass sich ihre Sprecherinnen und Sprecher in der Regel mit der jeweiligen Varietät identifizieren. Weitaus spannender ist die Frage, wie es sich mit Varietäten verhält, die sich zum Beispiel im Kontakt mit anderen Sprachen entwickelt haben. Hier finden wir ein buntes Kaleidoskop: Spanglish – Spanish English, Singlish – Singapore English, Yinglish – Yiddish English, Chinglish – Chinese English, Franglais – French English und noch viele mehr. Oft sind dies nicht die einzigen Sprachen der jeweiligen Sprecherinnen und Sprecher, sondern sie werden zusätzlich zu anderen ‚offiziellen‘ Sprachen gesprochen (und auch nur selten geschrieben). Also Sprecherinnen und Sprecher des Spanglish zum Beispiel in Texas oder Südkalifornien sprechen oft auch Spanisch oder amerikanisches English zusätzlich zu Spanglish. Diese sehr dynamischen Kontaktvarietäten sind aber keinesfalls nur fehlerhafter Zweitspracherwerb. Sie haben eigene sprachliche Merkmale und Strukturen und dienen Sprachgemeinschaften sowie Sprecherinnen und Sprechern zur sozio-kulturellen Identifikation. Und wir finden sie oft recht liebevoll dargestellt in Filmen und Literatur, wie etwa in dem Hollywood-Film Spanglish oder auch die zauberhaften Charaktere rund um den berüchtigten H*Y*M*A*N K*A*P*L*A*N, den der jüdisch-amerikanische Autor Leo Rosten Anfang des 20. Jahrhunderts lebendig werden ließ. Und so lautet die Antwort auf die Frage: Neben den großen Varietäten des Englischen gib es eine Vielzahl sich dynamisch entwickelnder Varietäten – mit eigenen Regeln und Strukturen und einer sehr wichtigen Funktion für ihre Sprecherinnen und Sprecher. Sie schaffen Identität in einer globalisierten Welt.