King Charles – Was bedeutet der Thronwechsel für das Commonwealth?
- 22.11.2022
- Nein, nichts über den ehemals ältesten Thronfolger der englischen Geschichte, sondern über die trocken erscheinende Frage, was sein Herrschaftsantritt für das Commonwealth bedeutet. Und wenn die Frage ernstgemeint ist, dann ist eben nicht nur Großbritannien oder gar England, sondern das ehemalige British Commonwealth of Nations gemeint, dem seit einigen Monaten der Staatspräsident Ruandas, Paul Kagame, als Nachfolger von Boris Johnson vorsitzt und dass seine Zentrale im ehrwürdigen Marlborough House im vornehmen Londoner Stadtteil Westminster hat. Übrigens ist das Haus vom König an das Commonwealth vermietet, was bereits ein Teil der Antwort auf die Leserfrage ist. Aber zur Sache: Das Commonwealth entstand 1931 als Commonwealth of British Nations. Es war in bester und weitgehend unreflektierter kolonialer Manier die Zusammenfassung von Territorien, damals von Indien bis Kanada, von Neuseeland bis Südafrika. Das gemeinsame Band war die Treue zur Krone. Die gemeinsame Geschichte war die von britischen Kolonien. Als 1947 Indien seine Unabhängigkeit erreichte, wurde das Commonwealth reformiert. Nun war es nicht mehr zwangsläufig, dass das Staatsoberhaupt eines Commonwealth-Mitgliedes der englische König oder die Königin sein musste. Indien ist das prominenteste Beispiel dafür. Das Commonwealth wuchs: Aus acht Mitgliedern 1955 wurden zehn Jahre später 20, heute sind es 56. Das bedeutet etwas Zentrales: Mitglieder im Commonwealth sind nicht nur ehemalige britische Kolonien, sondern auch souveräne Staaten, die auf Antrag aufgenommen worden sind. Die bisher letzten Beispiele sind die Beitritte von Togo und Gabun in diesem Jahr. Was bedeutet das für König Charles? Staatsoberhaupt ist er nur in den sogenannten Commonwealth Realms: Königreichen, in Australien, Kanada und Neuseeland und in elf anderen mehr oder weniger kleinen Staaten. Überall ist der König durch Generalgouverneure vertreten, alle Staaten sind parlamentarische Monarchien. Nur für sie ist der Herrschaftswechsel in London ein echter Einschnitt. Hier haben die Parlamente beschlossen, den neuen König als Staatsoberhaupt formell anzuerkennen. Das geschah mehr oder weniger feierlich und mit weniger Widerspruch und Diskussion als etwa in Schottland. Was verbindet diese Staaten heute? Offensichtlich mehr als eine gemeinsame Vergangenheit, denn sonst wären ehemals französische Kolonien heute nicht im Commonwealth. Sicherlich verbindet diese Staaten auch mehr als die Teilnahme an den Commonwealth Games. Diese Spiele werden nach einem 100.000 Kilometer lagen Staffellauf rund um die Erde eröffnet, dessen letzter Läufer 2002 immerhin David Beckham war. Ein weltumspannendes Netzwerk freier Staaten: Es ist mehr und gleichzeitig weniger: Es ist das Bewusstsein, zu einem weltumspannenden Netzwerk freier Staaten der Erde zu gehören, die sich untereinander verbunden fühlen. Und gemeinsam haben sie Charles III, by the Grace of God of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and of His other Realms and Territories King, Head of the Commwealth, Defender of the Faith, zum Nachfolger seiner Mutter gemacht. Dennoch ist die Frage mehr als berechtigt: Wird Charles III. im Verhältnis zu diesen Staaten/den Staaten des Commonwealths etwas anders machen? Und was wird es sein? Wüsste ich es, hätte ich die Antwort bereits der BBC verkauft. Von den Hörern der BBC würde es nur wenige nicht interessiert haben, allen voran die Einwohner der Kanalinseln Guernsey und Sark. Die nämlich gehören weder zum Vereinigten Königreich noch zum Commonwealth. Es ist viel einfacher: Sie gehören dem König privat. Seit 1204.