Arm trotz Arbeit - Hilft ein gesetzlicher Mindestlohn?
- 12.11.2010
- Ein gesetzlicher Mindestlohn ist kein treffsicheres Instrument, um Armut zu bekämpfen. Denn bei der Armut geht es um ein niedriges Einkommen, beim Mindestlohn um eine geringe Bezahlung. Beides hängt zwar zusammen, ist aber nicht das Gleiche. Wenn beispielsweise die Frau eines Vorstandsvorsitzenden für fünf Euro die Stunde jobbt, dann hat sie einen niedrigen Lohn, aber kein niedriges Einkommen, weil sie noch über andere Einkommensquellen verfügt. Ein Mindestlohn greift also auch in Arbeitsverhältnisse ein, bei denen gar kein Armutsproblem besteht. Umgekehrt löst er das Armutsproblem nicht immer – wobei ich Armut im Weiteren als ein Einkommen unter Hartz IV-Niveau definiere. Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an. Diskutiert wird ein Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde. Bei 160 Arbeitsstunden im Monat führt dieser zu einem Bruttomonatslohn von 1.200 Euro. Für einen Alleinstehenden bleiben netto 906 Euro. Erhielte er Hartz IV, bekäme er den Regelsatz von 359 Euro zzgl. einer örtlich verschiedenen Warmmiete. Für das Osnabrücker Land wären dies bis zu 321 Euro, so dass sich in der Summe maximal 680 Euro ergäben. Das heißt, für Alleinstehende würde der Mindestlohn Armut vermeiden. Anders sähe es für einen alleinverdienenden Familienvater mit zwei Kindern aus: Ihm blieben netto zzgl. Kindergeld 1.322 Euro. Bei Hartz IV erhielte er bei einem Kind im Vor- und einem im Grundschulalter in der Summe bis zu 1.605 Euro. Das heißt, das Erwerbseinkommen plus Kindergeld läge deutlich unter den Hartz IV-Leistungen. Diese Schere würde sich mit zunehmender Haushaltsgröße weiter vergrößern. Hinzu kommt: Damit ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zu einem Mindestlohn einstellen kann, muss dieser im Gegenzug mindestens so viel erwirtschaften, wie er kostet. Ist der Mindestlohn höher als die Gegenleistung, die der Arbeitnehmer erbringen kann, wird er nicht eingestellt. Bei einem gesetzlichen Mindestlohn besteht also die Gefahr, dass Menschen mit geringen Qualifikationen keine Chance mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Hochrechnungen für 2006 ergaben ca. 3,5 Millionen Menschen in Deutschland mit einem Stundenlohn unter 7,50 Euro. Etliche der entsprechenden Jobs würden bei einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn wegfallen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Einigen Menschen würde ein Mindestlohn helfen, bei anderen würde er wirkungslos verpuffen und bei einer dritten Gruppe schließlich würde er dazu führen, dass die Betreffenden keinen Job mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt finden.