NATO-Intervention in Libyen. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht?
- Albrecht Weber
- 11.11.2011
- Die Satzung der Vereinten Nationen (UN-Charta) legt zwar als Grundsätze die Achtung der territorialen Souveränität der Mitglieder sowie das Verbot der Anwendung oder Androhung von Gewalt (Artikel 1, Ziffer 1; Artikel 2, Ziffer 4) sowie der friedlichen Streitbeilegung (Art. 1, Ziff. 1; Art. 1, Ziff. 3; Art. 33ff )) fest, ermöglicht aber ausdrücklich ein Eingreifen der Vereinten Nationen aufgrund eines Beschlusses des Sicherheitsrates nach Kapitel VII der UN Charta (»Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen«). Auf dieser Grundlage hat der Sicherheitsrat in zwei Resolutionen am 26. Februar 2011 (Resolution 1970/2011) und am 17. März 2011 (Resolution 1730) Libyen aufgefordert, die Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung umgehend einzustellen. Die erste Resolution stützt die Maßnahmen auf Artikel 41 der UN- Charta (»Sanktionen ohne Gewalt«: zum Beispiel Einfrieren von Guthaben; Waffenembargo; Mandat für den Internationalen Strafgerichtshof ) sowie auf die im Völkerrecht mittlerweile anerkannte Verpflichtung der Staaten zur sogenannten »responsibility to protect«, also einer staatlichen Schutzverpflichtung zum Schutz des Menschen, insbesondere von Leib und Leben (hier der eigenen libyschen Zivilbevölkerung), die sich unter Anderem auf den Schutz der Menschenrechte nach Art. 1 Ziff. 3 der UNO Charta und die Menschenrechtspakte stützen lässt. Die 2. Resolution 1730 (im Jahr 2011) hat wegen der mangelnden Befolgung der ersten Resolution ein ausdrückliches Mandat der Völkergemeinschaft erteilt, das heißt einzelnen Staaten oder Gruppen von Staaten, wie regionalen Organisationen (zum Beispiel NATO), gestützt auf Kapitel VII der Satzung, »alle notwendigen Maßnahmen« zum Schutz der Zivilbevölkerung zu ergreifen mit Ausnahme von Besetzungstruppen (»occupation forces«). Das Mandat schließt daher auch militärische Maßnahmen gegen die Streitkräfte Gaddhafis in jeder Form ein, soweit das Leben der Zivilbevölkerung bedroht ist. Ferner enthält die Resolution Ermächtigungen zur Einrichtung einer Flugverbotszone (»no-flyzone«), der Durchsetzung des Waffenembargos; einem Flugverbot (»fly-ban«), der Einfrierung von Vermögenswerten des Gaddhafi-Clans und weiterer Personen sowie der Einsetzung eines Expertengremiums zur Überwachung der Beschlüsse.