Euro-Rettungsschirm. Was bedeutet der Europäische Stabilitätsmechanismus für Deutschland?
- 23.11.2012
- Das Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Osnabrück hat eine Internetseite eingerichtet, die aktuelle Daten, Kommentare und Forschungsbeiträge zu diesem Thema zusammenstellt. Die Seite hat viel Aufmerksamkeit erhalten. Zum Beispiel haben die Financial Times, die New York Times und die FAZ darüber berichtet. Im Wesentlichen argumentieren wir, dass, während der Bundestag noch über Bürgschaften des ESM diskutiert, die Bundesbank und andere Notenbanken der Eurozone viel größere Summen tatsächlich schon ausgegeben haben. Die Steuerzahler, als Anteilseigner der Notenbanken, tragen dafür das Risiko. Der breiten Öffentlichkeit ist dieses Risiko nicht bewusst. Die meisten haben ihre Ersparnisse ja bei der sicheren Sparkasse angelegt und nicht bei Bankia - einer der Not leidenden Banken in Spanien. Doch was machen die sicheren Banken eigentlich mit unseren Ersparnissen? In guten Zeiten verleihen sie das Geld an Firmen, die damit Investitionen finanzieren. Die Differenz von Spar- und Kreditzinsen ist ihr Gewinn. Doch in der Krise liegt der Zins in Deutschland fast bei null, und die Banken geben das Geld lieber der Bundesbank, wo es einigermaßen sicher ist. Die Bundesbank behält das Geld jedoch nicht im Keller oder legt es in Gold an, sondern sie verleiht diese Ersparnisse an die Notenbanken in den Krisenländern. Und die dortigen Notenbanken retten damit ihre Privatbanken – sie verleihen das Geld, unter anderem an Bankia, und verhindern damit deren Insolvenz. Über die sogenannte TARGET-2-Vereinbarung kann die Bundesbank eine indirekte Weitergabe der Ersparnisse gar nicht verhindern. Denn die Notenbanken des Eurosystems können sich das Geld selbst drucken und dann per Überweisung über das Eurosystem auf Privatkonten in Deutschland von der Bundesbank gutschreiben lassen. Auf diese Weise werden seit über fünf Jahren die Handelsbilanzdefizite und die Kapitalflucht aus den Krisenländern finanziert. Vor diesem Hintergrund ist die Bedeutung des ESM, nach der die Leser der NOZ gefragt hatten, vor allem eine Frage der demokratischen Legitimation der ohnehin laufenden Rettungsprozesse. Die Bundesbank allein hat bislang Forderungen von ca. 700 Milliarden Euro gegenüber dem Eurosystem aufgebaut. Das ist mehr als das Doppelte des Bundeshaushalts und mehr als das Dreifache der im Bundestag beschlossenen Obergrenze des Beitrags zum ESM. Es handelt sich nicht um Garantie oder Bürgschaften, die nur eventuell greifen. Das Geld ist bereits ausgezahlt und verausgabt – jedoch haben die Bundesbank oder die EZB für solche Transferzahlungen eigentlich kein Mandat. Dieser Vorgang ist nicht nur ein Problem für die deutschen Steuerzahler, sondern auch für die Steuerzahler in Spanien und den anderen Krisenländern. Denn ihre Notenbanken haben Verbindlichkeiten in gleicher Höhe, die lediglich durch die immer niedrigeren Sicherheiten, die sie von den schwächelnden Banken bekommen, gedeckt sind. Um die Steuerzahler in beiden Ländern zu schützen, sollten die Sicherheitsanforderungen der EZB wieder deutlich erhöht werden. Einige Banken würden dadurch insolvent. Aber ein Rettungsschirm wie der ESM – der Kredite an Reformen in den betroffenen Ländern knüpft – kann nicht funktionieren, solange jedes Land eine eigene Druckerpresse hat, über die sich die Banken beliebig refinanzieren können.