Zukunft Straße. Warum findet ein Fünftel der Jugendlichen keinen Ausbildungsplatz?
- 15.11.2013
- Der letzte nationale Bildungsbericht (2012) und Berufsbildungsbericht (2013) weisen fast 300.000 Jugendliche aus, die jährlich in den sogenannten Übergangsbereich einmünden. Im Regelfall geht es dabei um Maßnahmen für Jugendliche, die auf den regulären Bildungspfaden (Duales System, Schulberufssystem, weiterführende Allgemeinbildung) zumindest noch nicht angekommen sind. Sie besuchen stattdessen beispielsweise Maßnahmen zur Förderung der Ausbildungsreife, partizipieren an Inklusionsangeboten, holen Bildungsabschlüsse nach, genügen ihrer Berufsschulpflicht oder absolvieren schlichtweg Warteschleifen bis zur Einmündung in die gewünschte Ausbildung. Die gängige Erwartung, dass die demographische Entwicklung beziehungsweise der Mangel an Auszubildenden und Fachkräften das Problem richten wird, dürfte sich nach allen verfügbaren Prognosen nicht bestätigen. Man rechnet auch für 2025 noch mit fast 240.000 Jugendlichen, die jährlich in das Übergangssystem eintreten. Woran liegt das? Auf der Ebene der Beteiligten beklagen die potentiell ausbildenden Betriebe eine zunehmend fehlende Ausbildungsreife, wobei interessanterweise oft nicht mangelnde fachliche Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten), sondern vor allem unzureichende personale Kompetenzen (Sozialkompetenz, Selbständigkeit) als gravierendes Einstellungshindernis angegeben werden. Im Regelfall verzichtet man lieber ganz auf Auszubildende als sich »Problemfälle« in den Betrieb zu holen. Auf Seiten der Jugendlichen erschweren oft unrealistische und mit der eigenen Bildungsbiographie unverträgliche Berufswünsche (Fußballprofi, Fernsehmoderator usw.) sowie unspezifische Ängste vor den Anforderungen des Berufsalltags einen Einstieg in die Berufsausbildung. Man geht dann oft lieber weiter zu irgendeiner Schule oder besucht eine sich zufällig anbietende Bildungs- beziehungsweise Qualifizierungsmaßnahme und verbleibt so in vertrauten Einrichtungen und gewohnten schulischen Alltagsrhythmen. Auf der strukturellen Ebene zeigt sich, dass der Übergangsbereich selbst hochgradig intransparent ist. Häufig weiß der eine Maßnahmenträger nicht, was der andere tut. Außerdem wird eine zielgenaue Förderung aufgrund der Heterogenität der Jugendlichen in den Bildungsgängen und Qualifizierungsmaßnahmen erschwert. Die Akteure beklagen zudem die geringe Anerkennung ihrer Bildungsbemühungen seitens der Gesellschaft, der Kammern und Betriebe sowie unzureichende finanzielle und personelle Ressourcen. Auch wenn letzteres auf die einzelne Maßnahme zutreffen mag, so sind die Gesamtausgaben für den Übergangsbereich mit jährlich über vier Milliarden Euro immens und liegen damit deutlich über den Kosten für die Berufsschulen (ca. drei Milliarden Euro). Als Lichtblick sei abschließend aber darauf hingewiesen, dass gerade in der Region Osnabrück diesbezüglich ein ausgeprägtes Problembewusstsein existiert und seitens der Bildungsverantwortlichen in Stadt und Landkreis sowie engagierter Stiftungen derzeit zielführende Initiativen zur Optimierung des Übergangsbereichs auf den Weg gebracht werden. Diese werden die vorweg skizzierten Grundprobleme nicht aufheben können, aber effizientere Bildungswege befördern und vielen Jugendlichen die »Zukunft Straße« ersparen.