Gesundheitswesen akademisch. Braucht eine Hebamme einen Hochschulabschluss?
- 14.11.2014
- Das Gesundheitswesen in Deutschland erfährt derzeit eine Reihe an Veränderungen, die in der Folge zu neuen Anforderungen im Versorgungs- und Qualifizierungsbereich führen. Neue Herausforderungen ergeben sich einerseits durch den demografischen Wandel (Altersstruktur) sowie andererseits durch ein verändertes Krankheitsspektrum (epidemiologischer Wandel), das auf die veränderte Altersstruktur und sich ändernde Lebensgewohnheiten in der Bevölkerung zurückzuführen sind. Hierdurch entwickeln sich neue Versorgungsbedarfe in den Leistungsangeboten der ambulanten und stationären Behandlung sowie in den Versorgungsstrukturen in der Prävention, Kuration und Rehabilitation. Die Anforderungen an die Qualität der Leistungen, die durch das Personal im Gesundheitswesen erbracht werden müssen, sowie die Kompetenzen, die dafür erforderlich sind, steigen damit erheblich. Hier stellt sich seit vielen Jahren die Frage, ob die bisherigen Ausbildungsstrukturen noch ausreichen. Die Berufe im Gesundheitswesen, die neben der Medizin in der Versorgung tätig sind, unter anderem Pflegefachkräfte, Physio-, Ergotherapeuten, Logopäden und Hebammen werden derzeit vorrangig auf einer nicht-akademischen (berufsfachschulischen) Ebene ausgebildet. Die praktische Ausbildung in den Gesundheitseinrichtungen nimmt dabei einen Großteil der Ausbildung ein und sichert die berufliche Handlungskompetenz. Wissenschaftliche Gutachten und internationale Vergleiche belegen, dass die Ausbildungen der Gesundheitsberufe durch die Veränderungen im Gesundheitswesen hochschulische Angebote benötigen (vgl. Robert Koch-Institut, 2004; SVR, 2010; WR, 2012). Welche Vorteile bringt ein Studium zum Beispiel für die Hebammen? Die akademisch ausgebildeten Hebammen haben die Möglichkeit, ihr Handeln auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse durchzuführen. In der hochschulischen Ausbildung lernen sie, kritisch mit bestehendem Wissen umzugehen und sich an der Entwicklung neuen Wissens über das Berufsfeld durch Forschung zu beteiligen. Sie sind in der Lage komplexe Probleme, die sich im Rahmen der Vor- und Nachbetreuung einer schwangeren Frau und deren Umfeld ergeben, mit besten wissenschaftlichen Nachweisen (Evidenzen) zu lösen. Hebammenstudierende lernen, neue Verfahrensweisen im Umgang mit Fragestellungen rund um die Schwangerschaft zu entwickeln und diese mit den anderen Berufen im Gesundheitswesen interprofessionell zu kommunizieren. Sie beteiligen sich an Qualitätsmanagementkonzepten und sind in der Lage, neue Erkenntnisse im Rahmen von Publikationen und Vorträgen zu veröffentlichen. Zentral bleibt natürlich auch im Studium der Erwerb der praktischen Handlungskompetenz. Auch ein Studium der Hebammenkunde beinhaltet die geforderten 3.000 Stunden praktische Ausbildung, die das Berufsgesetz vorsieht. Dies sichert die Qualität der Versorgung und verhindert, dass ein Studium ausschließlich theoretische Anteile hat. Das heißt, eine »studierte Hebamme« hat sowohl einen Berufsabschluss als auch einen akademischen Abschluss. Für akademisierte Hebammen ergeben sich dadurch erweiterte Perspektiven in ihren Berufsbiografien.