Panikattacken bei Kindern und Jugendlichen. Was sind die Ursachen?
- 13.11.2015
- Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie erleben plötzlich und ohne einen ersichtlichen Grund Herzrasen, Schwindel, Zittern und Schweißausbrüche. Wird Ihnen der Gedanke kommen, gerade einen Herzinfarkt zu erleiden oder die Kontrolle zu verlieren? Werden Sie Angst, vielleicht sogar Todesangst verspüren? Erwachsene mit einer Panikattacke erleben genau dies. Es entsteht ein Teufelskreis aus körperlichen Symptomen, Gedanken an eine Bedrohung und Gefühlen der Angst, die wiederum die körperlichen Symptome verstärken. Zeigen sich solche Panikattacken öfter und kommen Sorgen darüber, dass die Attacken erneut auftreten könnten oder Verhaltensänderungen hinzu, spricht man von einer Panikstörung. Innerhalb eines Jahres erleben etwas mehr als zehn Prozent der Erwachsenen hierzulande eine Panikattacke, während nur zwei bis drei Prozent von ihnen auch die Diagnosekriterien für eine Panikstörung erfüllen. Bei Kindern und Jugendlichen tritt eine Panikstörung deutlich seltener auf. Weit weniger als ein Prozent sind betroffen; Mädchen doppelt so häufig wie Jungen. In der Regel zeigt sich die Panikstörung erst ab der Pubertät, aber auch Kinder können Panikattacken erleben: Bei der Sozialen Angststörung können sich beispielsweise dann Panikattacken zeigen, wenn die Kinder vor anderen Menschen sprechen müssen bzw. bei der Spezifischen Phobie, wenn sie mit dem gefürchteten Objekt konfrontiert sind, zum Beispiel einem Hund. Eine besondere Rolle scheint die Störung mit Trennungsangst zu spielen; hier kann es zu Panikattacken kommen, wenn sich die Kinder nicht in der Nähe ihrer Bezugspersonen befinden. Eine Übersichtsarbeit aus Basel/Bochum ergab, dass Trennungsangst im Kindesalter das Auftreten einer Panikstörung im Erwachsenalter begünstigt. Wie auch bei anderen psychischen Störungen wurde bei der Panikstörung eine familiale Häufung nachgewiesen. So ergab die Forschung, dass Kinder, deren Eltern an einer Panikstörung erkrankt sind, ein höheres Risiko für die Entwicklung ebendieser Störung aufwiesen. Genetische Faktoren, die zu circa 40 Prozent an der Entstehung beteiligt sind, spielen hier eine fast so bedeutsame Rolle wie die individuelle Umwelt. Unklar ist, welcher Faktor vererbt wird. In diesem Zusammenhang diskutiert wird das Temperamentsmerkmal „Verhaltenshemmung“, das durch Ängstlichkeit, Schüchternheit und Zurückhaltung in neuartigen Situationen gekennzeichnet ist. Auch bestimmte Denkstile scheinen bei der Entwicklung einer Panikstörung bedeutsam zu sein, beispielsweise die Tendenz, mehrdeutige Situationen als bedrohlich zu interpretieren. Hier spielt gegebenenfalls ModellLernen eine Rolle, das heißt, dass Kinder die Reaktionen ihrer Eltern auf körperliche Symptome beobachten und übernehmen. Ein Großteil der Forschung zu Panikstörungen wurde an Erwachsenen durchgeführt. Daher ist unklar, inwiefern die Ergebnisse auch auf Kinder und Jugendliche übertragbar sind. Hier besteht also ein großer Forschungsbedarf, nicht zuletzt, um gezielte Präventions- und Therapieprogramme für diese Altersgruppe entwickeln und optimieren zu können.