Fachkräfte händeringend gesucht. Warum bieten Betriebe Flüchtlingen
kaum Ausbildungsplätze?
- 11.11.2016
- Hunderttausende Menschen haben im vergangenen Jahr in Deutschland Schutz vor Krieg, Vertreibung und politischer Verfolgung gesucht und auch in diesem Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits über 650.000 Erst- und Folgeanträge auf Asyl gezählt. Viele Geflüchtete kommen aus den Bürgerkriegsländern Syrien, Irak und Afghanistan. Daher ist zu erwarten, dass viele dieser Menschen einen Schutzstatus erhalten und zumindest mittelfristig in Deutschland bleiben. Mehr als die Hälfte aller Schutzsuchenden in Deutschland ist unter 25 Jahre alt. Angesichts dieses niedrigen Durchschnittsalters ist es von besonders hoher Relevanz, junge Menschen mit Fluchthintergrund beruflich und sozial in unsere Gesellschaft zu integrieren. Doch für junge Geflüchtete ist der Übergang in eine qualifizierende Berufsausbildung besonders schwierig. Allerdings haben viele Branchen ein hohes Interesse daran, junge Geflüchtete vor allem für sogenannte Mangelberufe zu gewinnen, so etwa das Handwerk, die Hotellerie- oder Gastronomiebranche. Auch wenn viele Unternehmen ein positives Signal senden Flüchtlinge zu beschäftigen, gehen viele potenzielle Auszubildende oftmals leer aus. Zu den Hürden, die Geflüchteten den Übergang in den Arbeitsmarkt erschweren, zählen häufig individuelle Merkmale wie geringe Bildung, fehlende Sprachkenntnisse und Arbeitserfahrung, psychische Traumatisierung, mangelnde Kenntnisse des hiesigen Arbeitsmarktes als auch religiöse beziehungsweise kulturelle Aspekte. Doch dies reicht als alleiniges Erklärungsmuster für die schwierige Arbeitsmarktintegration nicht aus, denn viele Betriebe, darunter auch viele Klein- und Mittelbetriebe, zeigen eine hohe Einsatzbereitschaft, gerade wenn es um die Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse für potenzielle Auszubildende geht. In Forschungsarbeiten zum Übergang von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung werden zudem seit Langem rechtliche und administrative Hürden sowie die lokale Verwaltungspraxis als zentrale Problemfelder beschrieben. Viele Betriebe sind durch die diversen Verfahren, die einer Arbeitsaufnahme von Geflüchteten vorausgehen, verunsichert. So wirkt beispielsweise die hohe Komplexität des deutschen Bleiberechts, das in über 60 verschiedenen Varianten auftreten kann, gar abschreckend. Trotz des politischen Versuchs, Barrieren zum Zugang zu Ausbildung zu reduzieren, ist der Zugang zu betrieblicher Ausbildung nach wie vor nicht jedem geflüchteten Jugendlichen möglich. Schließlich ist zur Aufnahme einer Ausbildung eine Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde nötig, die jedoch immer abhängig vom Aufenthaltsstatus des Geflüchteten ist. Was Betriebe scheinbar ausbremst, sind die unsicheren Aussichten, ob sich das Engagement, das sie in die Suche, Ausbildungsvertragsanbahnung oder gar Anstellung einbringen, am Ende überhaupt auszahlt. Dies ist dann der Fall, wenn der Asylbewerber womöglich mitten im Anstellungsprozess gehen muss, weil er abgeschoben wird oder die Ausländerbehörde der Beschäftigung nach langem Engagement des Unternehmens doch nicht zustimmt.