Hauptanliegen des Projekts ist es, im Rahmen einer induktiven Vorgehensweise bzw. eines corpus-driven approach eine strukturelle und funktionelle Typologie lexikalisch-syntaktischer Konstruktionen (LSK) zu erarbeiten, die spezifisch für den deutschen, briti-schen und französischen Roman des 20. Jahrhunderts als meistrezipierter literarischer Gattung sind. Auf der Grundlage dieser Typologie werden zwei Arten vergleichender Analysen durchgeführt: a) zwischen der sogenannten Hochliteratur einerseits und der sogenannten Triviallite-ratur andererseits (frz. para-littérature, engl. popular literature; Science-Fiction; Kriminalroman; Liebesroman); b) zwischen den stilistischen Praktiken, die sich in den literarischen Traditionen unter-schiedlicher Länder (Vereinigtes Königreich, Frankreich und Deutschland) beobachten lassen. Zunächst sollen statistische Berechnungen durchgeführt werden, die der Identifizierung von LSK dienen, die im Vergleich zu einem Referenzkorpus journalistischer und wissenschaftlicher Texte für literarische Texte spezifisch sind. Im Anschluss soll anhand großer Textkorpora untersucht werden, in welchem Umfang die ermittelten LSK eine Rolle bei der Konstruktion literarischer Texte spielen. Die linguistische Analyse auf semantischer, syntaktischer und textstruktureller Ebene wird dabei verbunden mit einer literaturverglei-chenden stilistischen Untersuchung innerhalb einzelner literarischer Gattungen. Damit sollen die Grundlagen einer Lexiko-Grammatik phraseologischer Ausdrücke in der Literatursprache gelegt werden, die ihren Niederschlag dann im Bereich der kontrastiven Linguistik und Stilistik ebenso wie in der Übersetzungswissenschaft finden soll. Es handelt sich also um ein interdisziplinär angelegtes Projekt an der Schnittstelle zwischen Sprach- und Literaturwissenschaft, insbesondere zwischen Phraseologieforschung, Stilistik, Gattungstheorie, Korpuslinguistik und maschineller Sprachverarbeitung. Aufgrund seines Untersuchungsgegenstands (Phraseologismen im Roman) und der angewandten Methode (Korpuslinguistik im Sinne einer linguistique outillée, vgl. hierzu Habert 2005) ordnet sich das Projekt in den Bereich der Digital Humanities in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein.
Projektlaufzeit
01.05.2016 - 30.04.2019
Verbund/Partnerorganisation
Universität zu Köln;Université Lumière Lyon;Pedagogical University Kraków;Université Stendhal - Grenoble; Université de Lausanne
Ergebniszusammenfassung
Durch die Erstellung eines umfangreichen dreisprachigen annotierten Korpus fiktionaler narrativer Texte und die durchgängige intensive Zusammenarbeit einer Gruppe französischer und deutscher Korpuslinguist*innen und Literaturwissenschaftler*innen konnte im Rahmen des Projekts „Phraseologie des Romans“ ein innovatives Instrumentarium für die korpusstilistische Analyse entwickelt und in zahlreichen Einzelstudien erprobt werden. Die Ausgangshypothese, dass Subgattungen des Romans sich auf der Basis von statistisch relevanten lexiko-syntaktischen Konstruktionen unterscheiden lassen, konnte in einer Reihe von Einzelstudien bestätigt werden. Die Einzelstudien haben zudem signifikante Unterschiede zwischen den drei Nationalliteraturen aufgezeigt, die auch aus der Sicht der literaturwissenschaftlichen Komparatistik sowie – in der praktischen Anwendung – aus der Perspektive der Übersetzungswissenschaft von großem Interesse sind. Mit innovativen Methoden und Ergebnissen auf korpuslinguistischer, linguistischer und literaturwissenschaftlicher Ebene hat das Projekt „Phraseologie des Romans“ einen durch Publikationen in englischer und französischer Sprache international sichtbaren Forschungsbeitrag im Bereich der Digital Humanities geleistet und zugleich mit der Datenbank PhraseoBase (https://phraseorom.uni-grenoble-alpes.fr/accueil) die Grundlage für weitere korpusstilistische Studien bereitgestellt. Eine wirtschaftliche Verwendung der Forschungsergebnisse oder der Datenbank ist nicht vorgesehen.