Mikroorganismen leben in komplexen, eng miteinander verflochtenen ökologischen Gemeinschaften. Ein charakteristisches Merkmal dieser Art von Vergesellschaftung ist der wechselseitige Austausch essentieller Metabolite zwischen verschiedenen Mitgliedern der Gemeinschaft. Dieser Austausch wurde in vorangegangenen Studien als entscheidender Faktor identifiziert, der die Struktur, Funktion und Evolution einer Lebensgemeinschaft maßgeblich mitbestimmt. Die Tatsache, dass auxotrophe Genotypen, die nicht selbst dazu in der Lage sind bestimmte lebenswichtige Metabolite selbst herzustellen, sehr häufig in mikrobiellen Lebensgemeinschaften anzutreffen sind, deutet darauf hin, dass diese Art von metabolischer Interaktion in vielen Fällen obligat für die daran beteiligten Organismen ist. In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass auxotrophe Stämme einen signifikanten Wachstumsvorteil erhalten können, wenn sie eine wechselseitige Stoffaustauschinteraktion mit einem anderen Stamm eingehen. Die biochemischen und systembiologischen Ursachen dieses Effektes blieben jedoch unklar und sind nur unzureichend verstanden. Um diese Art von metabolischer Arbeitsteilung besser verstehen zu können, werden wir ein prokaryotisches (Bakterien) und ein eukaryotisches mikrobielles System vergleichend untersuchen. Durch eine Kombination von Analysen auf der Systemebene mit mathematischen Modellen werden wir quantitativ bestimmen, wie Mutationen, die Auxotrophien auslösen, die intrazelluläre Verteilung von Ressourcen beeinflussen und somit potentiell auch die Produktionsrate von Aminosäuren oder anderer Metabolite mitbestimmen. Darüber hinaus soll die Existenz metabolischer Trade-offs erstmals in diesen Systemen nachgewiesen werden. In theoretischen sowie experimentellen Ansätzen soll dann überprüft werden, inwieweit metabolische Stoffaustauschinteraktionen diese Trade-offs brechen können, um so den interagierenden Stämmen einen Wachstumsvorteil gegenüber metabolisch autonomer Genotypen zu verleihen. Die geplanten Arbeiten werden grundlegende Einblicke in die biochemischen und metabolischen Faktoren gewähren, die die metabolische Arbeitsteilung in mikrobiellen Gemeinschaften bestimmen. Das sich daraus ergebende quantitative Verständnis der Regeln, die die Zusammensetzung und Struktur einer Lebensgemeinschaft bestimmen, wird wesentlich zur Entwicklung von Ansätzen beitragen, in denen mikrobielle Konsortien für medizinische und biotechnologische Anwendungen gezielt manipuliert und zusammengestellt werden können.