Friedensbildung. Das juristische Wissen um Frieder im Alten Reich und in Schweden um 1600
Projektstatus: abgeschlossen
Drittmittelprojekt uri icon

Projektleitung

Beschreibung

  • Das Gelingen von Friedensverhandlungen setzt nicht nur diplomatisches Geschick voraus, es bedarf vor allem grundlegender Übereinstimmung der Parteien in der Vorstellung dessen, was Frieden ist, wie er geschaffen und bewahrt werden kann (Wyduckel 1998). Besonders deutlich wird die Bedeutung eines gemeinsam geteilten Friedenswissens am Beispiel des Alten Reichs und Schwedens, die in Osnabrück „das größte Friedenswerk Europas“ (Burkhardt) auf den Weg brachten. Dabei stehen die Juristen als Hauptakteure und „verantwortliche Sachverwalter“ (Berger/Luckmann) im Zentrum des Interesses, denn sie konnten auf analoge Friedensvorstellungen zurückgreifen, die sich in den Jahrzehnten um 1600 an den Universitäten des Reiches ausbildeten. Diese zeichneten sich als „Produktionsstätten“ einer neuen „Friedensbildung“ durch die Einbindung innergesellschaftlicher, auf einheimischen Rechtstraditionen beruhender Friedenskonzeptionen in das römische Recht aus. Zugleich waren sie auch die akademischen Bildungsstätten der schwedischen Eliten, da die Universität Uppsala den Lehrbetrieb erst in den 1620er Jahren wieder aufnahm. Um die Bedeutung innergesellschaftlicher Friedenskonzeptionen in juristischen Wissensbeständen um 1600 für erfolgreiche politische Kommunikation auf zwischenstaatlicher Ebene herauszuarbeiten, untersuchen drei Teilprojekte mit einer wissenssoziologisch- semantischen Methodik a) Bedeutung und Wandel der Friedensvorstellungen in der juristischen Ausbildung an den Universitäten des Reiches; b) die Friedensvorstellungen in Schweden in institutions- und sozialgeschichtlicher Perspektive und c) den Transfer juristischen Friedenswissens nach Schweden durch die Analyse der Berufsbiographien ausgewählter schwedischer Juristen.

Projektlaufzeit

  • 01.07.2007 - 31.12.2017

Ergebniszusammenfassung

  • Als Kernergebnis des Projektes „Friedensbildung" kann festgehalten werden, dass sich die intensive und vielschichtige Verknüpfung von politischen und juristischen Diskursen für die Konturierung des Friedenswissens als Grundlage der daraus sich ableitenden Modelle und Praktiken in Friedensprozessen erwiesen hat. Der Blick auf die Verflechtung zwischen juristischer Ausbildung und juristischer Forschung an Universitäten des Alten Reiches hat die hohe Dynamik und die generelle Unabgeschlossenheit in der Auseinandersetzung mit den politischen Herausforderungen des 16. und 17. Jahrhunderts gezeigt. Der in anderen Kontexten bereits diskutierte Zusammenhang zwischen „Verrechtlichung" und Friedensprozessen ist dahingehend zu erweitern, dass nicht nur die Anwendung von Recht und die Nutzung der Jurisdiktion eine gewaltfreie Konfliktlösung ermöglichten, sondern dass die juristischen Debatten um Fragen von Macht- und Kompetenzverteilung selbst erst die übergeordneten Ordnungsmodelle zur Schaffung eines funktionierenden Systems von Institutionen hervorbrachten. Dabei ist den juristischen Diskursen keine Prävalenz gegenüber den politischen Diskursen gegeben, vielmehr sind beide in einem unauflöslichen Wechselverhältnis miteinander verwoben und vielfach - wie das Beispiel der schwedischen Entwicklungen zeigt - ist es der politische Wille, der eine Rechts- und Friedensordnung etabliert, die gerade nicht den neuesten juristischen Trends, dafür aber der politischen Kultur entspricht. Dieser Zusammenhang ist letztlich als Grund für die hohe Bedeutung sprachlicher Repräsentationen, Codes und Semantiken in der Auseinandersetzung mit Friedenskonzepten zu sehen, die ihrer Natur nach hoch umstritten und konflikthaft waren. Die tendenzielle Unabgeschlossenheit und sich erst langsam vollziehende Ausdifferenzierung zwischen Sphären von „lnnen-" und „Außenpolitik" zeigen den starken Einfluss dieser an innergesellschaftlichen Fragen orientierten Friedensdiskurse, die zahlreiche europäische Gesellschaften in unterschiedlicher Weise um 1600 prägten - gleichwohl aber in einer gemeinsamen christlich-humanistischen Tradition wurzelten. Kennzeichnend ist dafür auch der gemeinsame, oft durch universitäre Diskussionen verbreitete Ausgangspunkt mit zentralen christlichen sowie philosophischen und politiktheoretischen Texten der humanistischen respublica litteraria, auf der auch später die großen Werke der „internationalen Beziehungen" von Hugo Grotius oder Samuel Pufendorf basierten und die großen Friedenskongresse theoretisch leiteten.

Schlagwörter

  • Frühneuzeitliche Geschichte

Finanzierung durch

Bewilligungssumme

  • 190.945,24 €
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