Ein Jahr Donald Trump. Gefährden „Fake News“ und „Social Bots“ die Demokratie?
- 17.11.2017
- Fake News, also bewusste Falschmeldungen – das sind für den amerikanischen Präsidenten Donald Trump vor allem Berichte über die Manipulation seiner Wahl durch die massenhafte Verbreitung von irreführenden und falschen Nachrichten in den sozialen Netzen. Besonders mithilfe sogenannter Social Bots, das heißt speziell programmierten nicht-menschlichen Facebook- und Twitter-Nutzern, sollen russische Hacker versucht haben, die Wahl in Trumps Sinne zu beeinflussen. Was Trump so vehement abstreitet, obwohl selbst der amerikanische Geheimdienst den Vorwurf bestätigt, verstehen viele als essentielle Bedrohung der Demokratie im Zeitalter des Internets durch die Kombination populistischer Politik mit höchst effektiven Formen der technischen Manipulation öffentlicher Meinung. Doch auch wenn die obsessiven Twitter-Nachrichten des US-Präsidenten einiges dazu beigetragen haben, dass 2016 in Deutschland „postfaktisch“ und „Fake News“ zu Wörtern des Jahres gewählt wurden – Donald Trump ist sicher nicht der Erfinder der falschen Nachricht. Die Lüge gehört zum Wesen der Politik, das meinte schon die antike Philosophie – inzwischen wissen wir aus der Psychologie, dass die bewusste Täuschung ein natürlicher Bestandteil unserer sozialen Interaktion ist. Mehr als die Hälfte aller Menschen lügen häufiger als dreimal pro Tag, zumindest nach eigener Einschätzung. Die Anzahl der täglichen Lügen in der Politik hätten die Befragten wahrscheinlich wesentlich höher eingeschätzt – spätestens seit sie in gedruckter Form massenhaft verbreitet werden konnte, entfaltete sich die politische Lüge zur „Kunst“ wie Jonathan Swift schon 1710 kritisierte: „Die Falschheit fliegt und die Wahrheit hinkt hinterher“, so klagte der englische Satiriker. „Nur wenige Lügen tragen den Stempel des Erfinders, und der schändlichste Feind der Wahrheit kann Tausende verbreiten, ohne dass man ihn als ihren Urheber erkennt […] oft kommt es vor, dass eine Lüge nur eine Stunde lang geglaubt zu werden braucht, um ihren Zweck zu erfüllen, dann ist sie überflüssig.“ Swift kannte weder Donald Trump noch Twitter oder Social Bots, und doch beschrieb er die fatalen Folgen des massenhaften Einsatzes falscher Nachrichten schon 300 Jahre vor unserem heutigen „postfaktischen“ Zeitalter. Es ist aber nicht nur die schiere Masse falscher Nachrichten, die durch Social Bots automatisch verbreitet werden können. Facebook zum Beispiel schätzt den Anteil solcher Konten auf etwa 10 Prozent, das wären 270 Millionen falsche Nutzer, etwa zwei Drittel der Bevölkerungszahl der USA. Die eigentliche Gefahr liegt im Begriff der Fake News selbst, wie der amerikanische Sprachwissenschaftler George Lakoff betont. Denn wenn Donald Trump von Fake News spricht, stellt er damit nicht nur einfach den Wahrheitsgehalt einer Nachricht infrage, sondern suggeriert vielmehr, dass es überhaupt nur noch Fake News gäbe: also alles unwahr, außer der eigenen Meinung. Wer aber nur die eigene Meinung für wahr hält, und die Meinungen anderer nur noch als Lüge begreift, der hat die Demokratie bereits aufgegeben.