Der innere Schweinehund. Die Vision vor Augen, kommt die Motivation von alleine.
- 13.11.2020
- Menschen können Tätigkeiten ausführen, die ihnen keinen Spaß machen oder auf Dinge verzichten, die sie mögen, um damit Ziele zu erreichen, die ihnen persönlich wichtig sind. Dazu müssen sie aber ihren inneren Schweinehund überwinden. Bereits der Begriff ‚überwinden‘ lässt erahnen, dass dies anstrengend ist. Wenn etwa ein Bewegungsmuffel es für wichtig und erstrebenswert hält, körperlich fit und gesund zu sein, kann er oder sie trotzdem Sport treiben oder die Treppe statt den Aufzug nehmen. Dazu kommt die Motivation aber selbst dann nicht von alleine, wenn man eine Vision hat, das heißt, sich das erreichte Ziel bildlich vor Augen hält. Motivation entsteht nur dann automatisch, wenn die zielführenden Tätigkeiten reizvoll sind. Dann hat man das Gefühl, im Fluss zu sein und dass die Zeit wie im Flug vergehe. Um gegen momentane Bedürfnisse und Vorlieben handeln zu können, braucht man Selbstkontrolle. Man muss seine Aufmerksamkeit aktiv auf das angestrebte Ziel und auf ungeliebte Handlungsschritte lenken und ständig achtgeben, dass man wichtige Gelegenheiten zum Handeln nicht verpasst. Gleichzeitig muss man sich gegen Verlockungen abschirmen, die einen vom Weg abbringen könnten. Dies alles kostet geistige Ressourcen. Deshalb fühlen sich ‚kontrollierte‘ im Vergleich zu ‚motivierten‘ Handlungen anstrengend und zäh an. Das Aktivieren einer Vision ist durchaus eine wichtige Selbstkontrolltechnik. Die Vision kann aber nur dann zur Motivierung beitragen, wenn sie nicht die einzige Strategie ist. Forschungsergebnissen zufolge können Visionen sogar schaden. Ungeliebte Handlungen werden nämlich seltener ausgeführt, wenn man bloß in der Vorstellung schwelgt, das Ziel bereits erreicht zu haben. Dann besteht die Gefahr, dass die Energie zum Handeln fehlt, weil man im Geiste ja schon am Ziel ist. Visionen oder Zukunftsfantasien bringen nur dann den erforderlichen Energieschub, wenn man sich nach der bildhaften Vorstellung der Zielerreichung fragt, was einen eigentlich konkret von der Zielverwirklichung abhält. Dieses sogenannte mentale Kontrastieren führt uns vor Augen, dass wir handeln müssen, um das Ziel zu erreichen. Sind die möglichen Hindernisse einmal identifiziert, sollte als nächstes ein konkreter Plan folgen, wie man diese überwinden kann. Aufbauend auf diesen Gedanken hat die Arbeitsgruppe um die Motivationsforscherin Gabriele Oettingen die WOOP-Strategie entwickelt. WOOP steht für wish (Wunsch), outcome (Ergebnis), obstacle (Hindernis) und plan (Wenn-Dann Plan). Dazu formuliert man zunächst seinen Wunsch, zum Beispiel körperlich fit zu werden. Dann stellt man sich lebhaft das bestmögliche Ergebnis vor (gutes Körpergefühl, allgemein besseres Wohlbefinden usw.). Danach identifiziert man, was einem im Weg steht (zum Beispiel wenig Zeit, die eigne Trägheit). Zum Schluss macht man einen oder mehrere Wenn-Dann Pläne (etwa „Wenn ich nach Hause komme, trainiere ich erst mal für 20 Minuten auf dem Ergometer.“). Schon kurze WOOP-Trainings haben sich in zahlreichen Studien als recht wirksam erwiesen. So aßen Personen, die ein entsprechendes Training zur gesunden Ernährung absolviert hatten, noch zwei Jahre später mehr Obst und Gemüse als eine Vergleichsgruppe ohne das Training. Schülerinnen und Schüler, die eine gute Note erreichen wollten, bearbeiteten mit WOOP zur Vorbereitung auf einen Test 60 Prozent mehr Übungsaufgaben als ohne WOOP. Fazit: Denn inneren Schweinehund kann man durch eine Vision allein nicht überwinden und auch nicht automatisch. Sie ist aber ein wichtiger Bestandteil dafür.