Clans und die organisierte Kriminalität. Wie kann die Strafverfolgung besser laufen?
- 12.11.2021
- Wenn von Clankriminalität die Rede ist, herrscht in der öffentlichen Diskussion ein diffuses Verständnis. So kann man beispielsweise bei Wikipedia Folgendes lesen: „Als Clankriminalität wird eine Form der organisierten Kriminalität in Deutschland und Schweden bezeichnet; (...).“ Nicht nur, dass damit nicht beschrieben wird, was Clankriminalität ist, vielmehr wird eine unmittelbare Verbindung zur organisierten Kriminalität (OK) hergestellt, die vorliegen kann, aber nicht muss. Hinzukommt, dass der Begriff „organisierte Kriminalität“ nicht weniger schillernd ist, als der der „Clankriminalität“. Schließlich hat diese Beschreibung keinen ausdrücklichen materiell-rechtlichen Fixpunkt, denn im Strafgesetzbuch finden sich beide Begriffe an keiner einzigen Stelle. Auch in der Polizeipraxis besteht keine Klarheit über den Begriff „Clankriminalität“, denn bislang existiert noch keine bundesweit verbindliche Definition zu diesem Phänomen und damit ist kurzfristig auch nicht zu rechnen. Wie auch die organisierte Kriminalität, hat die Clankriminalität viele Gesichter. Es gibt aber nicht „den Familienclan“, sondern verschiedene durch kulturelle Eigenheiten geprägte Familienverbünde und Clanidentitäten. Es existiert auch kein Delikt „Clankriminalität“, aber es gibt durch kriminelle Clanmitglieder verwirklichte Delikte. Zusammengefasst ist das Hellfeld der Clankriminalität in Niedersachsen durch Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, gefolgt von Verstößen gegen strafrechtliche Nebengesetze, den Vermögens- und Fälschungsdelikten sowie den Diebstahlsdelikten geprägt. In diesem Hellfeld dominieren Alltagsdelikte. Demgegenüber spielen typische Delikte der OK, wie beispielsweise Drogenhandel und -schmuggel, kaum eine Rolle. Wie kann die Strafverfolgung gegen Clankriminalität im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität nun besser laufen? Zwei Strategien sind für eine erfolgreiche Strafverfolgung tragend: 1. Abschöpfung der kriminellen Erträge und 2. Ermittlung der Strukturen von organisierter Clankriminalität. In beiden Fällen kommt es darauf an, Wissen zu erlangen. Das Wissen über potenziell illegale Vermögenswerte und strukturelle Verflechtungen von Personen, Unternehmen und Gruppierungen untereinander liegt nicht immer gebündelt bei den Strafverfolgungsbehörden vor, sondern ist bei verschiedenen Kontrollbehörden und privaten Akteuren abgelegt: beispielsweise beim Zoll und anderen Steuerbehörden, Landespolizeien, Bundespolizeibehörden, Staatsanwaltschaften, Verwaltungsbehörden und beispielsweise Finanzdienstleistern oder Notaren. Um dieses Wissen zusammenzuführen, sind eine behördenübergreifende Zusammenarbeit, der Informationsaustausch und nachfolgend rechtliche Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Kriminalität erforderlich. Die Herausforderung besteht darin, der hohen Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und dem Einfallsreichtum der kriminellen Akteure auf Behördenebene ebenfalls flexible Strukturen und Foren zum Informationsaustausch und Informationsbündelung entgegenzusetzen. Dass es dafür einer personellen, strukturellen, operativen und technischen Modernisierung des Verfolgungsansatzes bedarf, steht außer Frage. Aber auch präventive Maßnahmen wie beispielsweise Integrationsprogramme einerseits und Aussteigerangebote andererseits können jedenfalls vereinzelt wirksame Maßnahmen sein. Dafür muss der Zeugenschutz rechtlich und tatsächlich abgesichert werden.