Ärztliche Kunstfehler. Warum sind Klagen vor Gericht oft erfolglos?
- 14.11.2014
- Die Klage gegen einen Arzt wird abgewiesen, wenn ein Behandlungsfehler nicht vorgelegen oder sich auf den behaupteten Schaden nicht ausgewirkt hat. Es lässt sich nicht belegen, dass Arzthaftungsklagen trotz eines ärztlichen Fehlverhaltens erfolglos bleiben. Nach Zahlen der Haftpflichtversicherer wird die Hälfte der zirka 30.000 Schadensersatzansprüche pro Jahr reguliert. Die Zahl der Großschäden mit sechsstelligen Summen pro Fall resultiert zum großen Teil aus der Geburtshilfe. Verlangt ein Patient im Arzthaftungsprozess materiellen Ersatz oder Schmerzensgeld, behauptet er einen von der Behandlungsseite sorgfaltswidrig herbeigeführten Gesundheitsschaden. Das Gericht muss dann in einem geordneten Beweisverfahren tatsächliche Feststellungen treffen, ob die Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder der ausgebliebene Heilungserfolg auf einen Fehler in der Diagnostik oder der Therapie zurückzuführen ist. Aufzuklären sind zwei Fragen: Hat ein Behandlungsfehler vorgelegen und war der Behandlungsfehler für den Gesundheitsschaden ursächlich? Für seine Feststellungen ist das Gericht auf sachverständige Beratung angewiesen. Sachverständige rekonstruieren das Behandlungsgeschehen aufgrund der Behandlungsdokumentation und bewerten es aus medizinischer Sicht. Grundsätzliches Misstrauen gegen medizinische Sachverständige ist ungerechtfertigt. Es gibt aber natürlich auch dort unterschiedliches Erfahrungswissen und auch arbeiten Sachverständige nicht alle gleichermaßen sorgfältig. Medizinische Sachverständige erstatten Gutachten nach Abschluss ihrer Haupttätigkeit in der Freizeit gegen staatliche Gebühren, deren Höhe keinen Anreiz darstellt. Es gibt objektive Hindernisse der Sachverhaltsfeststellung. Ursachenzusammenhänge im Körper sind nicht vollständig aufklärbar. Zu beachten ist auch, dass der Patient wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zum Arzt gegangen ist, also eine »Vorschädigung« gegeben war. Sie kann sich ohne fehlerhaftes Zutun des Arztes weiterentwickeln und ist selbst bei Beobachtung eines Fehlers von einem »Gesundheitsschaden« abzugrenzen. Der Patient oder seine Hinterbliebenen beobachten zunächst nur einen gesundheitlichen Misserfolg. Daraus dürfen keine verkürzten Rückschlüsse auf einen Behandlungsfehler gezogen werden. Die biologischphysiologischen Vorgänge im Körper laufen nicht standardisiert ab. Sie sind nicht schlechthin objektiv beherrschbar. Der Arzt schuldet deshalb auch nicht den Eintritt eines bestimmten Behandlungserfolges. Das Führen eines Arzthaftungsprozesses wird prozessual erheblich erleichtert. Der klagewillige Patient kann seinen Informationsrückstand durch Einsicht in die Behandlungsunterlagen ausgleichen. Er braucht in der Klageschrift nicht detailliert zur von ihm behaupteten Fehlerhaftigkeit vorzutragen. Für verschiedene Fallgestaltungen gelten Umkehrungen der Beweislast. Alternativ lässt sich das Behandlungsgeschehen durch Einschaltung einer Schlichtungsstelle aufklären.