Teilprojekt 02: Ko-Konstruktion von literarischen Bildungsvorstellungen im Verlauf der gymnasialen Oberstufe
Projektstatus: abgeschlossen
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Projektleitung

Beschreibung

  • Die empirische Untersuchung geht mit literaturdidaktischem und bildungssoziologischem Interesse und einem qualitativen Design der Fragestellung nach, wie es zur Entstehung und Festigung von Vorstellungen und Werthaltungen (Deutungsmustern) über Literatur bei Schüler/innen am Ende der Sek. II kommt. Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass der schulische Unterricht im Fach Deutsch in Leistungs- und Schwerpunktkursen einen großen Einfluss auf das Zustandekommen solcher Werthaltungen über Literatur hat; beispielweise auf die von Schüler/innen und Studierenden geteilte Überzeugung, Goethes Faust sei ein wesentlicher Teil des Kernbestandes deutscher Literatur. So bezieht sich das Projekt auf die Frage, wie Bildungsvorstellungen (verstanden als Deutungsmuster und Wertvorstellungen literarischer Bildung von Schüler/innen und Lehrer/innen) wechselseitig im Sinne von Bestätigung, Ablehnung oder Variation konstruiert werden. Hierbei wird von einer Ko-Konstruktion im Rahmen des Unterrichtshandelns als einer interaktionstheoretischen Maßgabe ausgegangen (s. u.).Literarische Bildung wird als teilkollektives Deutungsmuster verstanden, das neben den Vermittlungsinstanzen von Familie sowie Peers vor allem durch die sozialen Praktiken der Vermittlungsinstanz Schule hervorgebracht wird und kulturelle Teilhabe ermöglicht. Man kann von einer großen Relevanz der (bislang von der Forschung unbeachteten) Fragestellung ausgehen, geht es doch um die Gewährleistung kultureller Kontinuität (hier bezüglich der Weitergabe der literarischen Tradition) und die Mechanismen, die diese ermöglichen. In methodischer Hinsicht sollen in videographierten Unterrichtssequenzen und anhand leitfadengestützter Interviews über den Unterricht die Aushandlungsprozesse und die Unterrichtskommunikation in Leistungs-/ Schwerpunktkursen der Sek. II beobachtet werden. Literarische Bildungsvorstellungen von Schüler/innen werden anhand narrativer Interviews erhoben. Die Einflüsse der weiteren Sozialisationsinstanzen, Familie und Peers, sollen mittels Fragebögen erhoben werden, um eine adäquatere Kontrolle dieser Variablen zu ermöglichen. Bei den beteiligten Lehrer/innen werden ebenfalls narrative Interviews im Vorfeld der Studie durchgeführt und Dokumente der Unterrichtsplanung ausgewertet, um die literarischen Bildungsvorstellungen zu ermitteln.

Projektlaufzeit

  • 01.06.2016 - 30.06.2019

Ergebniszusammenfassung

  • Die empirische Untersuchung ging mit literaturdidaktischem und bildungssoziologischem Interesse und einem qualitativen Design der Fragestellung nach, wie es zur Entstehung und Festigung von Vorstellungen und Werthaltungen (Deutungsmustern) über Literatur bei Schüler/innen am Ende der Sek. II kommt. Dabei gingen wir von der Annahme aus, dass der schulische Unterricht im Fach Deutsch in Leistungs- und Schwerpunktkursen einen großen Einfluss auf das Zustandekommen solcher Werthaltungen über Literatur hat. So bezieht sich die Studie auf die Frage, wie Bildungsvorstellungen (verstanden als Deutungsmuster und Wertvorstellungen literarischer Bildung von Schüler/innen und Lehrer/innen) wechselseitig im Sinne von Bestätigung, Ablehnung oder Variation konstruiert werden. Hierbei wird von einer Ko- Konstruktion im Rahmen des Unterrichtshandelns als einer interaktionstheoretischen Maßgabe ausgegangen. In methodischer Hinsicht wurden in 30 videographierten Unterrichtssequenzen die Aushandlungsprozesse und die Unterrichtskommunikation in Leistungs-/ Schwerpunktkursen der Sek. II beobachtet. Die literarischen Deutungsmuster der beteiligten 42 Schüler/innen und sieben Lehrer/innen wurden zu Beginn des Deutsch-Leistungskurses mittels narrativer Interviews erhoben. Um herauszufinden, ob sich die literarischen Deutungmuster der Schüler/innen im Laufe des Kurses verändert haben, wurden die narrativen Interviews zum Ende des zweijährigen Leistungskurses wiederholt. Einige flankierende Ergänzungsstudien verifizieren die gewonnenen Eindrücke. Die Ergebnisdarstellung erfolgt dem qualitativen Charakter der Studie gemäß in Thesenform: 1. Gruppenthese: Gymnasiale Leistungskurse sind hinsichtlich des Aushandelns von Deutungsmustern vorrangig als soziale Gruppen zu definieren (soziale Dimension). 2. Aushandlungsthese: Die soziale Gruppe „Leistungskurs Deutsch“ konstituiert und erhält sich in Aushandlungsprozessen. Gegenstand dieser Aushandlungsprozesse ist vor allem die symbolische Dimension von Literatur. 3. Deutungsmusterthese: Im Aushandlungsprozess bilden die Deutungsmuster der Lehrpersonen den Orientierungsrahmen. Sie strukturieren und bestimmen das konkrete Unterrichtsgeschehen. Die Schüler/innen positionieren sich zu ihnen affirmativ und übernehmen sie auf einer expliziten Ebene. 4. Passungsthese: Lehrer/innen, die Literatur als Lernmedium im beruflichen Kontext betrachten und eine Trennung zwischen Privat- und Schullektüre vollziehen, veranlassen viele der Schüler/innen zur Übernahme dieses Deutungsmusters, die keine oder lernorientierte Vorstellungen über Literatur haben. Bei Lehrer/innen hingegen, die Literatur vorrangig im Sinne der Persönlichkeitsbildung wahrnehmen und bei denen zwischen privater und schulischer Lektüre ein Kontinuum besteht, ist die Anähnelung der Deutungsmuster bei dem größten Teil der Schüler/innen zu verzeichnen; ferner entwickeln sich die Deutungsmuster der Schüler/innen oft insofern, als dass diese Literatur als wichtigen Teil ihres Lebens erkennen. 5. Ko-Konstruktionsthese: In konsensorientierten Kursen mit hoher Passung dominieren die Deutungsmuster „Literatur als Lernmedium“ und „Literatur als Medium formaler Bildung“. Die Lehrperson agiert teils hierarchieverstärkend. In dissensorientierten Kursen mit wenig Passung werden Wir-Identitäten in Aushandlungsprozessen über die symbolische Dimension von Literatur erzeugt. Hier findet Ko-Konstruktion statt, indem verschiedene Deutungsmuster aufeinanderstoßen (irritierender Diskurs), ohne dabei die Gruppenidentität zu beeinträchtigen. 6. Pragmatismusthese: Die Dominanz der institutionellen Dimension von Schule im Unterricht erzeugt hohen Konformitätsdruck und forciert Konsensbildung, denn Lehrer/innen und Schüler/innen haben hier größtenteils angeglichene Deutungsmuster (bestätigender Diskurs) und das gleiche Feindbild (Vorgaben). Hier sind Ko- Konstruktionen im Sinne von Aushandlungsprozessen kaum auszumachen.

Schlagwörter

  • Allgemeines Lehren und Lernen
  • fachbezogenes Lehren und Lernen

Fach

Finanzierung durch

Bewilligungssumme

  • 113.857,52 €
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