Edmond de Belamy. Wer ist der Autor eines Gemäldes, das mit Künstlicher Intelligenz erzeugt wurde?
- 13.11.2020
- Die Frage ist nicht nur ausgesprochen komplex, sondern auch kontrovers. Die einen gehen davon aus, dass ein solches Gemälde mindestens genauso wertvoll ist wie viele andere urheberrechtlich geschützte Werke. Tatsächlich ist es sogar noch viel besser als vieles, was mit dem Etikett ,Kunst‘ versehen in manchem Museum hängt. Die Antwort müsste dann lauten: die Künstliche Intelligenz (KI) ist der Autor. Die anderen gehen davon aus, dass zwar eine Form der Kunst vorliegt, aber eine KI als Autor schlicht nicht in Betracht kommt, weil das Urheberrecht seiner Konzeption nach dem Schutz menschlicher Leistung dient. Aber wer hat Recht? Das lässt sich am einfachsten klären, wenn man drei Fragen unterscheidet. 1. Wer oder was ist Edmond de Belamy? „Edmond de Belamy“ ist der Name eines Kunststücks, welches das Porträt eines fiktiven jungen Mannes darstellt. Die Besonderheit ist, dass sich niemand diese Figur ausgedacht hat. Vielmehr beruht das Porträt auf 15.000 Porträts aus dem 14. bis 19. Jahrhundert, die als Daten in eine Software eingespeist wurden. Auf dieser Basis hat eine Künstliche Intelligenz Muster erlernt und diese angewendet, um ein neues Porträt zu schaffen. Edmond de Belamy ist eine Kunstfigur und das Porträt ein bemerkenswertes Kunststück, das diesen abbildet. 2. Wie bestimmt man, wer Urheber eines Werkes ist? Geschaffen hat das Bild also eine KI. Aber kann sie Autor sein? Nach § 7 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist Urheber stets der ,Schöpfer des Werkes‘. Ob als Urheber nur ein Mensch oder auch ein Computer in Betracht kommt, bleibt an dieser Stelle offen. Der Gesetzgeber des UrhG (1965) hat das Problem naturgemäß nicht bedacht. Einen Hinweis finden wir jedoch in § 11 UrhG, wonach „das Urheberrecht den Urheber in seiner geistigen und persönlichen Beziehung zum Werk“ schützt. Einen persönlichen Bezug kann aber – das erscheint jedenfalls plausibel – nur eine Person haben. Die Tierliebhaber unter Ihnen werden gleich einwenden: Das stimmt doch gar nicht! Auch Tiere können eine Persönlichkeit haben. Und in der Tat ist genau die¬ses Problem schon einmal vor Gericht entschieden worden. 2011 ließ der Tierfotograf David Slater seine Kamera für einen Moment unbeobach-tet im indonesischen Regenwald liegen. Der schöne Affe Naruto hat den Augenblick genutzt, sich die Kamera geschnappt und ein strahlendes Selfie geschossen. Das bezaubernde Foto wurde weltweit in den Medien verbreitet und hat prompt den Streit heraufbeschworen, wer denn das Urheberrecht an dem Foto hat: Der Affe, weil er es geschossen hat oder David Slater, weil er dem Affen das Fotografieren beigebracht habe und es seine Kamera war? Das Gericht hat die Klage des Fotografen, sein Urheberrecht sei verletzt, abgewiesen, weil er kein Urheberrecht habe. Das Urheberrecht schütze nämlich nicht die Investition, sondern nur die Schöpfung – also eine kreative und originelle Leistung. Die hat jedoch der Affe erbracht, der als Urheber aber leider nicht in Be¬tracht komme, weil er kein Mensch sei. 3. Kommt eine KI als Urheber in Betracht? Sie werden ahnen, dass die Antwort Nein lautet. Denn wenn schon ein Tier als Urheber nicht in Betracht kommt, kann ein Computer erst recht nicht als Urheber anerkannt werden. Das gilt umso mehr, als eine KI kein Computer, sondern nur eine Software ist. Unsere Frage ist also schon beantwortet: Es gibt keinen Autor des Porträts „Edmond de Belamy“, weil es sich nicht um eine kreative Schöpfung, sondern nur um ein besonders gelungenes Ergebnis der Anwendung einer Software handelt.